Neue Klasse von Antioxidanzien bis zu hundertmal wirksamer als Vitamin E

Fett wird mit der Zeit ranzig, wenn keine Antioxidationsmittel zugesetzt sind. Auch unser Körper enthält Fettmoleküle, die Lipide, die z.B. für den Aufbau aller Zellmembranen essentiell sind. Und auch diese Lipide müssen vor einer übermäßigen Peroxidation geschützt werden. Läuft sie aus dem Ruder, können Arteriosklerose sowie Autoimmun- und neurodegenerative Erkrankungen, wie Morbus Alzheimer, entstehen. Die wichtigste Waffe der Natur zum Schutz der Lipide gegen Peroxidation ist Vitamin E (a-Tocopherol). Ein internationales Forscherteam um Derek A. Pratt (Vanderbilt University, USA) hat nun eine neue Klasse von Antioxidanzien entwickelt, die bis zu hundertmal wirksamer als Vitamin E sind.

Das Problematische bei der Peroxidation von Lipiden: Sie ist eine Kettenreaktion. Im ersten Schritt spaltet ein Sauerstoffradikal – ein Sauerstoffmolekül mit einem ungepaarten Elektron – ein Wasserstoffatom von einem Lipid ab. Übrig bleibt ein Lipidradikal – ein Lipid mit einem ungepaarten Elektron an einem seiner Kohlenstoffatome -, das mit einem weiteren Sauerstoffmolekül zu einem Lipid-Peroxyl-Radikal reagiert. Dieses Radikal trägt das freie Elektron wieder an einem Suerstoffatom und greift nun seinerseits ein Lipid an, um ihm ein Wasserstoffatom zu entreißen – und wieder entsteht ein Lipid-Radikal. Der Teufelskreis ist nur schwer zu stoppen. Hier kommen Antioxidanzien wie a-Tocopherol auf den Plan. Sie fangen die Lipid-Peroxyl-Radikale ab. Radikalfänger vom Tocopherol-Typ sind Phenole, sie bestehen aus einem aromatischen Kohlenstoff-Sechsring, an dem ein Sauerstoffatom hängt, das ein Wasserstoffatom trägt (OH-Gruppe). Dieser Wasserstoff wird durch das Peroxyl-Radikal abgerissen. Das entstehende phenolische Radikal ist im Gegensatz zu den lipidschen relativ reaktionsträge, die Kettenreaktion stoppt. Um einen noch besseren Radikalfänger zu finden, suchten die Chemiker nach einer phenolischen Verbindung, deren OH-Gruppe den Wasserstoff leichter abgibt als a-Tocopherol. Aber: Die meisten dieser Super-Radikalfänger werden viel zu leicht von Luftsauerstoff angegriffen, um brauchbar zu sein.

Anhand von Computersimulationen gelang es Pratt und seinen Mitstreitern, eine neue Klasse luftstabiler phenolischer Antioxidanzien zu entwickeln. Zwei dieser Amino-Pyridinole genannten Verbindungen erwiesen sich im Experiment als besonders wirksame Radikalfänger. Sie bestehen aus einem Phenol-Sechsring, bei dem eines der Kohlenstoffatome durch ein Stickstoffatom ersetzt ist. Dieser aromatische Ring ist mit einem weiteren, aliphatischen (nur über Einfachbindungen verknüpften) Kohlenstoffring, der ebenfalls ein Stickstoffatom enthält, fusioniert. „Diese Amino-Pyridinole sind, soweit wir wissen, die schnellsten Peroxyl-Radikalfänger, die je beschrieben worden sind“ sagt Pratt.

Kontakt:

D. A. Pratt
Department of Chemistry
Vanderbilt University
Nashville, TN 37235, USA
Fax: (+1) 615-343-5478
E-mail: derek.a.pratt@vanderbilt.edu

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Dr. Renate Hoer idw

Weitere Informationen:

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