DFG-Wissenschaftler erzielen Erfolg in der Genomforschung

Aktuelle Ergebnisse in „Nature“ publiziert

Von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Normalverfahren geförderte Wissenschaftler haben jetzt das Chromosom 2 des Organismus Dictyostelium discoideum entschlüsselt. Darüber berichtet das Wissenschaftsmagazin „Nature“ in seiner heutigen Ausgabe. Die Forscher rund um Frau Professor Angelika A. Noegel und Dr. Ludwig Eichinger, Institut für Biochemie I, Medizinische Fakultät der Universität zu Köln, sowie Professor André Rosenthal und Dr. Gernot Glöckner, Institut für Molekulare Biotechnologie, Jena, konnten soeben die Sequenzierung und Analyse dieses Chromosoms, das etwa 25 Prozent des Genoms repräsentiert, abschließen. Das bedeutet einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Dechiffrierung des Gesamtgenoms dieses Modellorganismus und einen weiteren Etappenerfolg der deutschen biologischen Genomforschung im internationalen Wettlauf.

Dictyostelium discoideum ist eine im Waldboden lebende Amöbe. Es handelt sich um einen Einzeller, der sich bei Nahrungsentzug zu einem vielzelligen Organismus entwickelt, und zugleich einen Eukaryonten, das heißt einen Organismus mit einem membranumgrenzten Zellkern. Die evolutionäre Position von Dictyostelium war lange Zeit umstritten und die jetzt vorliegenden Daten von Chromosom 2 zeigen eindeutig seine nähere Verwandtschaft mit Tieren. Besonders hervorzuheben ist die große Ähnlichkeit einer Vielzahl grundlegender zellulärer Prozesse mit denen höherer Organismen bis hin zum Menschen, die Dictyostelium discoideum zu einem wichtigen Modellorganismus für biochemische und zellbiologische Untersuchungen machen. Die Ähnlichkeiten reichen von komplexen Signalübertragungswegen, die auch in Säugern vorkommen, bis hin zu Wanderungsprozessen, die denen von weißen Blutkörperchen gleichen. Die vollständige Genomsequenz wird die Attraktivität von Dictyostelium als Modellsystem neben der Hefe (deren Genom vor sechs Jahren von einem europäischen Konsortium, ebenfalls mit deutscher Beteiligung, aufgeklärt wurde) weiter stärken und den Organismus zu einem gefragten Experimentier-Objekt für die Genom- und Proteomforschung machen.

Das Genom ist auf sechs Chromosomen verteilt. Auf der Grundlage der jetzt vorliegenden Daten für das Chromosom 2 – es enthält etwa 2.800 Gene – erwarten die Forscher, dass das gesamte Dictyostelium-Genom etwa 10.500 bis 11.500 Gene umfasst. Ein multinationales Team von Forschern, zusammengeschlossen in einem Konsortium, hat sich die Sequenzierung und Analyse der einzelnen Chromosomen zur Aufgabe gemacht. Die Arbeiten werden in Köln, Jena, Houston, Paris und Hinxton durchgeführt und von den National Institutes of Health (USA), von der Europäischen Union, dem Medical Research Council (UK) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt.

Im Jahre 1997 hatte das Präsidium der DFG beschlossen, die Initiative „Sequenzierung von Genomen kleiner Organismen“ zu starten, um die Forschung in diesem Bereich voranzutreiben. Aus zahlreichen vorgeschlagenen Forschungsprojekten wurden die vielversprechendsten ausgewählt – darunter das Dictyostelium-Projekt. Das Dictyostelium-Genomsequenzierungsprojekt wurde 1998 mit der Förderung der Sequenzierung von Chromosom 1 und 2 durch die DFG initiiert. Damit übernahm das deutsche Projekt Schrittmacherfunktion für die Grundlagenforschung auf diesem Feld. In den letzten drei Jahren hat die DFG das Projekt an den Standorten Köln und Jena mit insgesamt rund 3,8 Millionen Euro gefördert. Inzwischen wird die Entschlüsselung weiterer Chromosomen in internationaler Kooperation verfolgt.

Die Sequenzdaten zu Chromosom 2 sind veröffentlicht in:
Gernot Glöckner et al., Nature 418, 79-85; 2002.

Fragen beantworten auch die Leiterin und der Koordinator des Projekts, Prof. Dr. Angelika Noegel und Dr. Ludwig Eichinger, Institut für Biochemie I, Medizinische Fakultät der Uni-versität zu Köln, Joseph-Stelzmann-Straße 52, 50931 Köln, Tel. 0221/478 6980 bzw. 6928.

 

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Dr. Rembert Unterstell idw

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