Lebensgemeinschaft zum gegenseitigen Vorteil

Als die ersten Pflanzen im Ordovizium das Land zu erobern begannen, da hatten sie bereits treue Begleiter. Bis heute sind die ihnen nicht von der Seite gewichen: Pilze, die mit den Landpflanzen in Symbiose leben, in Partnerschaft zum gegenseitigen Vorteil.

„Symbiotische Gemeinschaften lassen sich bei 95 Prozent aller Landpflanzen nachweisen“, sagt Prof. Dr. Erika Kothe von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Die Biologen sprechen von Mykorrhiza, was wörtlich Pilz-Wurzel heißt, und unterscheiden zwischen Endomykorrhiza, wo die Hyphen genannten Pilzfäden bis in die Rindenzellen der Pflanzen eindringen, und Ektomykorrhiza, bei der die Wurzeln lediglich umhüllt werden. Erika Kothe, die die Professur für Mikrobielle Phytopathologie innehat, und das Team der „Jena School for Microbial Communication“ untersuchen die Symbiose von Ritterlingen mit Kiefer und Fichte.

Beim Bärtigen Ritterling (Tricholoma vaccinum) und dem Erdritterling (Tricholoma terreum) entdeckten die Jenaer Mikrobiologen jetzt ein Gen, das offenbar etwas mit dem Verkleben des Hartig'schen Netzes zu tun hat. „Dieses Gen reagiert auf Signale des Baumes“, sagt Kothe. Der Signal- und Stoffaustausch verläuft im sogenannten Hartig'schen Netz, das nach dem deutschen Forstbotaniker Robert Hartig benannt wurde. In diesem Netz umhüllen die Pilzfäden die Wurzeln des Baumes und erschließen ihm die im Wasser gelösten Nährstoffe, während der Pilz im Gegenzug Zucker erhält, den der Baum per Photosynthese produziert. Die Ritterlinge verfügen zudem über die Fähigkeit, über ein Gen gesteuert Indolacetaldehyd in Indolessigsäure umzuwandeln. Die Indolessigsäure ist ein Pflanzenhormon, das das Zellwachstum regelt. Damit gelingt es dem Pilz offenbar, den Baum zum eigenen Vorteil zu beeinflussen.

Das Entschlüsseln der Kommunikation zwischen Baum und Pilz ist reine Grundlagenforschung. Sie hat jedoch ihren praktischen Nutzen. „Wenn wir die Mechanismen der Wirtswahl aufdecken, lassen sich eines Tages Waldpilze wie Pfifferlinge oder Steinpilze züchten“, sagt Erika Kothe. Denn die Pilze suchen sich ihren Wirt selbst, während es dem Baum egal ist, welcher Pilz an ihm lebt. Das Wissen darum ist schon alt, Namen wie Birkenpilz oder Fichtenreizker verweisen darauf.

Die Forstwirtschaft profitiert auch von den Erkenntnissen der Mykorrhiza-Forschung: Werden den Pilzen optimale Bedingungen geboten, gedeihen die Bäume. „Natürlich ist der Pilz nur ein Faktor, aber ein wichtiger“, sagt Erika Kothe. Aktuell werden in Jena zwei Diplomarbeiten und zwei Doktorarbeiten zum Thema geschrieben; als Referenzflächen dienen der Jenzig oberhalb Jenas und schwermetallbelastete Flächen der Wismut bei Gera.

Kontakt:
Prof. Dr. Erika Kothe
Institut für Mikrobiologie der Friedrich-Schiller-Universität
Neugasse 25, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 949291
E-Mail: erika.kothe[at]uni-jena.de

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Stephan Laudien idw

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