Bei Alpenpflanzen geht Artenvielfalt nicht mit genetischer Vielfalt einher

Vergleich der Artenvielfalt mit der genetischen Vielfalt von Pflanzenarten im Alpenraum.<br>

Demnach sollten in Zukunft die Strategien zum Schutz der Biodiversität im Alpenraum angepasst werden. Die Resultate der Studie wurden in Ecology Letters online publiziert.

Biodiversität lässt sich auf drei Ebenen beschreiben: die Vielfalt der Lebensräume, diejenige der Arten und jene der Gene. Bislang besagt die Theorie, dass die drei Ebenen übereinstimmen, u.a. weil sie alle denselben Prozessen ausgesetzt sind. Demnach sind Gebiete mit einer hohen Vielfalt an Lebensräumen auch reich an Arten und diese verfügen über eine hohe genetische Vielfalt.
Die genetische Vielfalt ist ebenso wichtig wie die Artenvielfalt, weil sie die Anpassungsfähigkeit einer Art in einer sich ändernden Umwelt bestimmt. Wenn der Klimawandel die Umweltbedingungen im Alpenraum verändert, ist die Anpassungsfähigkeit der Alpenpflanzen für die langfristige Erhaltung der Artenvielfalt von zentraler Bedeutung.

Eine internationale Forschungsgruppe unter der Leitung der Universität Grenoble und der WSL fand nun heraus, dass eine hohe Artenvielfalt nicht mit einer hohen genetischen Vielfalt einhergehen muss. Die Forscherinnen und Forscher untersuchten im ganzen Alpenraum die Verbreitungsmuster von 893 alpinen Pflanzenarten. Von 27 dieser Arten bestimmten sie die genetischen Fingerabdrücke und fanden, dass Gebiete mit hoher Artenvielfalt nicht mit Gebieten mit einer hohen genetischen Vielfalt übereinstimmen.
Die Forschenden konnten auch die Ursachen festmachen: Die Artenvielfalt der Alpenpflanzen wird von lokalen Umweltbedingungen beeinflusst, während die genetische Vielfalt von Prozessen geprägt wird, welche nach der letzten Eiszeit zur Wiederbesiedlung der eisfreien Gebiete führten. Dass dieses Ergebnis keinen „Sonderfall Alpen“ darstellt, zeigte eine parallel durchgeführte Untersuchung in den Karpaten.

Für die Erhaltung der Biodiversität im Alpenraum sind die neuen Erkenntnisse wichtig. Heute werden Schutzgebiete dort ausgeschieden, wo seltene Arten vorkommen und wo die Lebensraumvielfalt und somit die Artenzahl besonders hoch ist. Langfristig sind die Alpenpflanzen damit aber nicht genügend geschützt, weil ihre genetische Vielfalt mit den heutigen Schutzgebieten nur unzureichend gesichert ist.

In Zukunft sollten die bestehenden Schutzgebiete mit Gebieten ergänzt werden, welche sich durch eine hohe genetische Vielfalt auszeichnen. Ferner müssen die neuen und bestehenden Schutzgebiete besser vernetzt werden. Damit wird der Austausch von Individuen und ihren Genen zwischen den Beständen der Alpenpflanzen gewährleistet und die genetische Vielfalt auch langfristig erhalten bleiben.

Media Contact

Reinhard Lässig idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer