Innen porös, außen aus Glas: Mit neuer Fassade Energie gespart

An der noch vor wenigen Monaten tristen, grauen Fassade der ehemaligen Mangfallkaserne in Bad Aibling spiegelt sich heute die Sonne. Große Teile der Außenwände sind ummantelt mit Glas, umrahmt von hellbraunen Holzlamellen.

„Dahinter verbirgt sich allerdings keine neue Dekoration des Gebäudes, sondern eine ausgeklügelte Heiz- und Lüftungstechnik“, weiß Dr. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), mit deren Förderung in Höhe von 374.000 Euro das innovative Fassadensystem entwickelt wurde. Die Firma B & O Wohnungswirtschaft aus Bad Aibling setzt es nun erstmals bei der Sanierung des mittlerweile als Studentenwohnheim dienenden Gebäudes ein.

Zwei Techniken werden hier modellhaft kombiniert: eine Porenlüftungsfassade wird zu einer Solarkollektorfassade weiterentwickelt. „Damit wird ein optimales Raumklima geschaffen und der Energiebedarf deutlich gesenkt“, betonte Brickwedde heute, während er sich ein Bild von den Baufortschritten machte.

Porös wie ein Schwamm, so muss man sich das Dämmmaterial vorstellen, das in den neuartigen Fassadenelementen verwendet und von außen einfach auf den bestehenden Putz montiert wird. Die so genannte Porenlüftung sorgt nach Kernbohrungen durch die massive Außenwand dafür, dass die Räume gleichmäßig mit frischer Luft versorgt werden. Der Clou an dem System: Neben einer Dämmschicht aus Hobelspänen besitzen die Elemente eine zusätzliche Außenhülle aus Glas. Damit werden die Wände der Gebäude in große „Solarkollektoren“ verwandelt. Durch die Sonneneinstrahlung wird die Zuluft erwärmt und die Räume energiesparend geheizt. „Bis auf 60 Grad kann die Temperatur hinter den Glasscheiben steigen“, erläutert der Münchener Architekt Arthur Schankula, dessen Büro gemeinsam mit der Firma Holzbau Baufritz aus Erkheim maßgeblich an dem Projekt beteiligt ist. „Aber keine Sorge: Nachdem die überschüssige Wärme in die Hobelspäne sowie die massive Außenwand eingelagert wurde, kommt die Luft mit angenehmen 25 Grad im Raum an“, so Schankula.

„Nachdem wir die Fassadenelemente zunächst im Labormaßstab entwickelt und ausgewertet haben, können sie jetzt modellhaft in der Praxis erprobt werden“, freut sich Dr. Ernst Böhm, Geschäftsführer von B & O Wohnungswirtschaft. Mit dem innovativen, zweiteiligen Fassadensystem, an dem auch die Hochschule Biberach sowie das Zentrum für angewandte Energieforschung (Garching) mitgearbeitet haben, könne etwa der Primärenergiebedarf eines viergeschossigen Wohnhauses aus den 50er Jahren um rund 80 Prozent gemindert werden. Erster Einsatzort ist das ehemalige Kasernengelände in Bad Aibling, auf dem das frühere Mannschaftsgebäude zu einem Studentenwohnheim umgebaut wurde. „Der Installationsaufwand ist äußerst gering. Die Fassadenelemente werden einfach von außen auf die Wand montiert, während im Haus zur gleichen Zeit gewohnt werden kann“, betont Böhm. Durch die vorgefertigten Teile sei das System aber nicht nur für Sanierungen, sondern auch für Neubauten geeignet. Zur Konstruktion wird vorwiegend Holz als nachwachsender Rohstoff verwendet.

„Ein wirkungsvolles Dämm- und Lüftungssystem integriert in einer Fassade aus nachwachsenden Rohstoffen und kombiniert mit dem Einsatz erneuerbarer Energie: umweltschonender lässt sich ein Gebäude nicht sanieren“, lobt Brickwedde die Vielseitigkeit des Projekts. Zudem werde der Wohnkomfort deutlich erhöht. „In den Räumen herrscht ein optimales Klima. Feuchte und Schimmel können gar nicht erst entstehen.“ Und auch der Geldbeutel werde durch die sinkenden Energiekosten geschont.

Media Contact

Franz-Georg Elpers DBU

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