Biologisches Simulationsmodell berechnet Auswirkungen von Gentechnik in der Landwirtschaft

Der kommerzielle Anbau von gentechnisch verändertem (GV-) Raps wird möglicherweise in naher Zukunft großflächig stattfinden. In welchem Ausmaß verbreiten sich dann Transgene in der Landschaft? Wie stark sind andere Anbausysteme oder Nutzungen betroffen? Diese Fragestellungen hat eine Gruppe von WissenschaftlerInnen des Ökologie-Zentrums der Uni Kiel für den Rapsanbau in Schleswig-Holstein untersucht. Dr. Wilhelm Windhorst stellte die bisherigen Ergebnisse auf einer Tagung zur Koexistenz in Berlin vor.

In einem biologischen Simulationsmodell wurde eine detaillierte Erfassung der biologischen Grundlagen und Eingriffe des Menschen für kleinräumig abgegrenzte Gebiete vorgenommen. Für die Berechnungen wurden nicht nur alle typischen Anbauverfahren, Rapsanbaudichte und regionale Anbausysteme berücksichtigt. Auch Rapsdurchwuchs, Wildraps und wild wachsende Kreuzungspartner wurden einbezogen. Die Datenbasis war breit und reichte von öffentlich zugänglichen Satellitenbildinformationen (Landsat) bis zu den Daten der landwirtschaftlichen Regionalstatistik.

Unter der Annahme von 10% GV-Rapsanbau und bei einem Abstand von 5 km zu jedem GV-Rapsacker verbliebe eine Restfläche von 17% Schleswig-Holsteins, die als einigermaßen unbeeinflusst eingestuft werden kann. In Fallstudien konnte die Betroffenheit von GVO-freien Anbauern in unmittelbarer Nachbarschaft von GVO-Äckern quantifiziert werden. Bei benachbarten Schlägen von vergleichbarer Größe nimmt der GVO-Anteil im Erntegut des konventionellen Schlages mit zunehmender Schlaggröße ab. Ab Flächengrößen von ca. 15 ha Größe bleibt der GV-Rapsanteil unter 0,5%. Ungünstige räumliche Konstellationen sowie natürlich auftretende, höhere Fremdbefruchtungsraten einiger Rapssorten können dazu beitragen, dass auch bei Schlaggrößen bis ca. 15 ha der Grenzwert von 0,9% GV-Rapsanteil überschritten wird.

Die Einsaat einer konventionellen Mantelsaat von z.B. 10 m Breite wird als eine mögliche Maßnahme diskutiert, um den GV-Polleneintrag in Nachbarfelder zu verringern. Den Kieler Berechnungen zufolge kann ein GV-Raps-Anbauer mit dieser Maßnahme den GV-Rapsanteil in der Ernte eines angrenzenden GVO-frei anbauenden Nachbarn vermindern. Am wirkungsvollsten geschieht dies im Bereich kleiner Schlaggrößen.

Die Modellrechnungen zeigen auch, dass der GV-Raps-Anbauer mit längerfristigen Wirkungen rechnen muss. Nach einmaligem Anbau von GV-Raps wird bei nachfolgendem konventionellem Rapsanbau im Mittel bis zu 8 Jahren der Grenzwert von 0,9% GV-Rapsanteil im Erntegut überschritten. In Extremfällen kann die Rapsernte bis zu 15 Jahre nicht ohne GV-Kennzeichnung verkauft werden.

Die Wissenschaftler betonten die besondere Rolle, die künftig dem Monitoring zukommen werde. Dies ist im Rahmen der Zulassung verbindlich vorgeschrieben, um unvorhergesehene Wirkungen von GVO frühzeitig feststellen zu können. Um eine gesellschaftliche Bewertung möglicher Probleme mit GVO wirklich vornehmen zu können, fehle im Übrigen bisher eine vergleichende Analyse der Umweltwirkungen der verschiedenen Anbausysteme (z.B. Umweltwirkung von Pestiziden und Herbiziden, Energieverbrauch oder Synergieeffekte regionaler Anbaugemeinschaften).

Nicht zuletzt sei die Machbarkeit von Koexistenz vor allem eine Frage einer genauen Kosten-Nutzen-Analyse des GVO-Anbaus. Auf der

Nutzenseite müssten die Vorteile für den GVO-Anbauer identifiziert und ökonomisch bewertet werden. Schwieriger dürfte sich die Quantifizierung der externen Kosten des GVO-Anbaus gestalten. Durch die Auskreuzung würden Flächennutzer in ihrer Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt. Die Schadensermittlung müsse für jeden Betrieb individuell erfolgen.

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Britta Klein aid

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