UV-Kugel macht Lackieren einfach und schnell

Innenraum der durch Dreiecke angenäherten UV-Kugel mit vier Schaltknäufen. Zum Be- und Entladen kann der obere Teil der Pilotanlage aufgeklappt werden. Quelle: Fraunhofer IPA, Foto: Rainer Bez

Um lackierte Bauteile auszuhärten, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man trocknet sie mit Wärme, was relativ lange dauert und viel Energie erfordert, oder man bestrahlt sie mit UV-Licht. Die herkömmliche UV-Härtung für die industrielle Anwendung stößt allerdings an Grenzen, wenn das Bauteil kompliziert geformt ist.

Dann muss man die Lichtquelle oder das Werkstück mehrfach ausrichten und erreicht doch nicht alle Oberflächen optimal. Ein Konsortium von Unternehmen und Instituten hat nun eine Anlage entwickelt, die das überflüssig macht, schnell arbeitet und obendrein Energie spart.

Sie beruht auf folgendem Prinzip: Wenn man Licht im Innenraum einer Kugel ausstrahlt, wird es durch die vielfachen Reflexionen an den Wänden nahezu ideal diffus. Positioniert man das Werkstück in einer solchen Kugel, wird seine Oberfläche überall gleichmäßig bestrahlt – ohne Aufwände zur Anpassung an das Bauteil.

Kugelform aus 20 Dreiecken

Die Ingenieure verwenden keine exakte Kugel, sondern eine angenäherte Kugelform aus 20 ebenen Dreiecken, was leichter herzustellen ist. Die Innenoberfläche besteht aus Teflon, das mehr als 80 Prozent der Strahlung reflektiert und obendrein schmutzabweisend und UV-beständig ist. Als UV-Lichtquellen dienen keine konventionellen Quecksilberdampflampen, sondern neuartige Hochleistungs- LED-Strahler, die wenig Energie verbrauchen, kurze Anlaufzeiten haben, schnell schaltbar sind und lange halten.

»Die UV-LED-Lampen haben besonders vorteilhafte Eigenschaften, um sie in die UV-Kugel zu integrieren. Die geringen mechanischen Baumaße, die hohe optische Leistungsdichte und schnelle Taktbarkeit machen sie zur idealen Strahlungsquelle für diese Anwendung«, bestätigt Alfred Feilen, der Geschäftsführer von Easytec.

Auch ein neuer Lack wurde genutzt, der ideal zur Anlage passt. Aber auch herkömmliche Lacke lassen sich verwenden – auch solche, die ohne Schutzgas aushärten.

Härtung in Sekunden

Der Prototyp, der nun entstanden ist, erfüllt alle Erwartungen: »Gleich mehrere lackierte 3D-Bauteile wurden in der patentierten ›UV-Kugel‹ positioniert, die Hochleistungs-UV-LEDs eingeschaltet und nach wenigen Sekunden ›UV-Puls‹ war die Lackschicht perfekt gleichmäßig ausgehärtet. Und das sogar bei kompliziert geformten Bauteilen, bei Hinterschneidungen und Bohrungen«, freut sich Rainer Röck, der Erfinder und Patentinhaber. »Das Geniale: Weder UV-Strahler noch Bauteile müssen bewegt oder verstellt werden; auch Größe und Geometrie der Bauteile sind nebensächlich«, ergänzt der Ingenieur stolz.

Die auf wenige Sekunden verkürzten Härtungszeiten ermöglichen jetzt kurze Taktzeiten. Der Energieverbrauch reduziert sich auf ca. 1/20stel gegenüber dem thermischen Trocknungsverfahren. Da die Lacke keine oder deutlich weniger Lösemittel enthalten, muss die Abluft nicht abgesaugt werden. Und die innovative Anlage benötigt wesentlich weniger Produktionsfläche als herkömmliche Anlagen.

Obendrein ist sie skalierbar, lässt sich also in beliebiger Größe herstellen. Auch kann man sie in bestehende Anlagen integrieren. »Als Anwender freut es mich besonders, dass ohne Programmieraufwand Teile beliebiger Struktur sicher und schnell getrocknet werden und der Teilewechsel seinen Schrecken verliert«, äußert zufrieden der Leiter funktionelle Beschichtungen Hartmut Jundt von der Ritzi Lackiertechnik GmbH.

Steckbrief
Das Projekt »UV-Kugel-Puls-Anlage zur 3D-Lackhärtung« wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert und lief über drei Jahre. Beteiligt waren neben dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA die Durst Lackier- und Trocknungsanlagen GmbH, die Easytec GmbH, das Institut für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb IFF der Universität Stuttgart, die Opsytec Dr. Gröbel GmbH und die Ritzi Lackiertechnik GmbH.

Fachlicher Ansprechpartner
Jörg Schieweck
Telefon +49 711 970-1874
joerg.schieweck@ipa.fraunhofer.de

http://www.durst-lackieranlagen.de/de/
http://www.easytecgmbh.de/
https://www.iff.uni-stuttgart.de/
https://www.opsytec.de/
https://www.ritzi-lackiertechnik.de/

Media Contact

Jörg Walz Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Verfahrenstechnologie

Dieses Fachgebiet umfasst wissenschaftliche Verfahren zur Änderung von Stoffeigenschaften (Zerkleinern, Kühlen, etc.), Stoffzusammensetzungen (Filtration, Destillation, etc.) und Stoffarten (Oxidation, Hydrierung, etc.).

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Trenntechnologie, Lasertechnologie, Messtechnik, Robotertechnik, Prüftechnik, Beschichtungsverfahren und Analyseverfahren.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Aufbruchstimmung in der Alzheimer-Forschung

Bei der Alzheimer Erkrankung lagern sich Eiweiße im Gehirn ab und schädigen es. Prof. Dr. Susanne Aileen Funke von der Hochschule Coburg hat eine Methode gefunden, die solche gefährlichen Eiweißverbindungen…

Chronische Entzündungen durch Ansätze aus der Natur behandeln

Die interdisziplinäre Forschungsgruppe „nature4HEALTH“ hat jüngst ihre Arbeit aufgenommen. Das Team der Friedrich-Schiller-Universität Jena und des Universitätsklinikums Jena entwickelt ganzheitliche naturstoffbasierte Therapieansätze für die Behandlung chronisch-entzündlicher Erkrankungen. Chronische Entzündungen sind…

Antivirale Beschichtungen und Zellkultur-Oberflächen maßgeschneidert herstellen

Verfahren der Kieler Materialwissenschaft ermöglicht erstmals umfassenden Vergleich von Beschichtungen für biomedizinische Anwendungen. Der Halteknopf im Bus, die Tasten im Fahrstuhl oder die Schutzscheibe am Anmeldetresen in der Arztpraxis: Täglich…

Partner & Förderer