RUB-Studie: Die Finanztrends 2004

Nicht Deflation, sondern Inflation sehen die Finanzexperten vom Bochumer Institut für Kredit- und Finanzwirtschaft (ikf) als das Thema 2004. Die „Kreditklemme“ im Mittelstand habe eine Ursache darin, dass vielen dieser Unternehmen nicht nur Eigenkapital fehle, sondern auch eine klare Strategie zur Lösung des Problems. Die deutschen Banken sehen die Forscher weit abgeschlagen hinter der US-Konkurrenz. Der Grund: ein stiefmütterlich betriebenes Marketing. Keiner Bankengruppe gelinge es heute, ein eigenständiges Profil im Markt zu entwickeln, das sich von der Konkurrenz unterscheidet. Diese Bestandsaufnahmen und Trends veröffentlichen die RUB-Forscher heute in ihrer Studie „Deflation, Kreditklemme, Bankenkrise – Erwacht Deutschlands Finanzindustrie 2004 aus ihrem (medialen) Albtraum?“

Studie im Netz

Die Studie kann ab dem 22. Januar 2004 auch im Internet abgerufen werden unter http://www.rub.de/ikf

Deflation in Deutschland?

Die Deflation, der dauerhafte Rückgang des Preisniveaus, gilt etwa dem Internationalen Währungsfonds (IWF) als Ursache für die momentane Malaise Japans. Die Gefahr der Deflation sieht der IWF auch in Deutschland. Die RUB-Finanzexperten widersprechen dieser These. Ihrer Ansicht nach ist eine Deflation weder in Deutschland und in Europa noch in den USA in Sicht. Auch in Japan sind stattdessen Preisniveauerhöhungen wahrscheinlich. Angesichts einer expansiven Geldpolitik erwarten die Wissenschaftler keine Nominalzinssenkungen für 2004, sondern -erhöhungen. Da auch die Inflationsraten wieder auf breiter Front steigen werden, sehen sie das langfristige Realzinsniveau unverändert bei ca. drei bis vier Prozent.

Kreditklemme in Deutschland?

Besonders pointiert kommentiert das Forscherteam die fehlende Eigenkapitalstrategie im Mittelstand: „Wenn sich gerade im Mittelstand die Stimmen derjenigen Unternehmen mehren, die immer schwerer den Zugang zu Kreditmitteln finden, dann ist diese wahrgenommene Angebotsverknappung auch auf die Verfassung eben dieser Unternehmen zurückzuführen.“ Kernproblem vieler Mittelständler sei, dass das Eigenkapital als Teil der Finanzierungsstrategie seit mehr als zwei Dekaden stiefmütterlich behandelt werde. Nur eines von zehn mittelständischen Unternehmen ermittelt heute systematisch seinen Eigenkapitalbedarf und plant seine Deckung, so das Ergebnis einer bundesweiten Untersuchung der Bochumer Forscher.

Bankenkrise in Deutschland?

Die meisten Banken und Sparkassen haben heute ihre Kostenseite wieder besser im Griff, dagegen besteht erheblicher Nachholbedarf, die Erlösseite zu verbessern. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die US-amerikanischen Commercial Banks den deutschen Geschäftsbanken um Längen voraus sind, indem sie Erlösquellen durch eine klare Ausrichtung auf profitable Geschäftsfelder nachhaltig erschließen. Die schwerste Strukturkrise der Nachkriegszeit zu meistern, hänge für die deutschen Banken und Sparkassen ganz wesentlich davon ab, sich individuell im Markt zu profilieren. Die Bochumer Finanzexperten raten zu stärker zugespitzten Marketing-Strategien: Die jeweilige Bank müsse anders sein als ihre Konkurrenten. Die Patentrezepte vor allem der Beratungsgesellschaften führten hier auf keinen Königsweg. Bevor über gar sektorübergreifende Fusionen nachgedacht werde, müssten zuerst die Hausaufgaben gemacht werden. Ansonsten drohe auch 2004 zu einem (unruhig) verschlafenen Jahr für die Branche zu werden.

Titelaufnahme

Paul, Stephan/Stein, Stefan/Thieme, H. Jörg: „Deflation, Kreditklemme, Bankenkrise – Erwacht Deutschlands Finanzindustrie 2004 aus ihrem (medialen) Albtraum?“. In: ifo Schnelldienst, 57. Jg., 1/2004, S. 14-24.

Weitere Informationen

Dr. Stefan Stein, Institut für Kredit- und Finanzwirtschaft, Ruhr-Universität Bochum, GC 4/131, Telefon: 0234/32-25344, E-Mail: Stefan.Stein@rub.de

Media Contact

Dr. Josef König idw

Weitere Informationen:

http://www.rub.de/ikf

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