Verwandte Roquin-Proteine kontrollieren gemeinsam die Differenzierung von T-Zellen

Die von ihnen kodierten Proteine sind in ihrer molekularen Funktion austauschbar und Defekte im Roquin-1-Gen können schwere Autoimmunerkrankungen verursachen. Erstmalig analysierten Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München nun das komplexe Zusammenspiel der beiden Proteine und beschrieben ihre Aktivität als Regulatoren der Genexpression. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal ‚Immunity‘ veröffentlicht.

Roquin-Proteine kontrollieren die Aktivierung und Differenzierung von T-Zellen, indem sie auf der Ebene der Boten-RNA deren Expression regulieren. Die Funktion der RNA-bindenden Proteine liegt vor allem darin, die immunologische Toleranz zu gewährleisten und eine überschießende Immunreaktion – wie sie beispielsweise bei Autoimmunerkrankungen entsteht – zu verhindern.

Katharina Vogel und Dr. Stephanie Edelmann vom Institut für Molekulare Immunologie (IMI) am Helmholtz Zentrum München (HMGU) konnten in ihrer Publikation nun zeigen, wie die beiden Proteine, Roquin-1 und -2, einander funktionell ersetzen können und welche Folgen der kombinierte Verlust beider Roquin-Gene hat. Liegt die Roquin1-san-Form vor, so hemmt Roquin-1 die Funktion von Roquin-2. In Abwesenheit von Roquin-1 übernimmt Roquin-2 kompensatorisch dessen Funktion.

Die Proteine sind also in ihrer molekularen Funktion austauschbar sind und erfüllen eine Art Reservefunktion füreinander. Der Verlust beider Roquin-Gene hat eine unkontrollierte Ansammlung von Effektor-T-Zellen und insbesondere von follikulären Helfer-T-Zellen zur Folge.

Wenn diese T-Zellen dann eine Immunantwort gegen körpereigene Strukturen auslösen, entsteht ein Krankheitsbild, das dem Lupus Erythematodes ähnelt, einer schweren Autoimmunerkrankung, die Haut und innere Organe befällt. Auch eine Punktmutation im Roquin-1-Gen, also der Austausch einer einzigen Aminosäure im Protein, führt zu einer solchen Krankheit. Interessanterweise ist in diesem Fall das Roquin-2-Protein nicht in der Lage, die Funktion des defekten Roquin-1 zu übernehmen, es kommt zu einem kompletten Ausfall der Roquin-Funktion. Das Wissenschaftlerteam am HMGU, darunter Prof. Dr. Wolfgang Wurst, Prof. Dr. Mathias Heikenwälder, Dr. Arie Geerlof, Dr. Frauke Neff und Dr. Elisabeth Kremmer sowie Dr. Marc Schmidt-Supprian vom Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried konnte darüber hinaus auch die molekularen Angriffsstrukturen der Roquin-Proteine, Icos- und Ox40- Boten-RNAs, identifizieren.

„Die Arbeit zeigt die Bedeutung der Roquin-1- und 2-Proteine für T-Zell-Differenzierung in Immunantworten“, erklärt Letztautor Prof. Dr. Vigo Heissmeyer, Arbeitsgruppenleiter am IMI und Professor am Institut für Immunologie der Ludwig-Maximilians-Universität München. „Insbesondere die Regulation dieser Faktoren ist für uns jetzt von großem Interesse, da sie auch als therapeutisches Ziel in der Behandlung von Autoimmunerkrankungen genutzt werden kann.“ Follikuläre Helfer-T-Zellen sind nicht nur ursächlich an der Entstehung von Autoimmunerkrankungen beteiligt, sondern spielen auch eine wichtige Rolle bei Formen der Immunschwäche, bei Lymphomen und Infektionskrankheiten, einschließlich HIV.

Immunologie und Infektionsforschung sind Teil der Gesundheitsforschung am Helmholtz Zentrum München. Ziel ist es, Ergebnisse aus der Grundlagenforschung schnell weiterzuentwickeln, um konkreten Nutzen für die Gesellschaft zu erbringen.

Weitere Informationen

Original-Publikation:
Vogel, K. et al. (2013), Roquin Paralogs 1 and 2 Redundantly Repress the Icos and Ox 40 Costimulator mRNAs and Control Follicular Helper T Cell Differentiation, Immunity, 38, 1-14

Link zur Fachpublikation: http://www.cell.com/immunity/abstract/S1074-7613%2813%2900141-6

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Weitere Informationen:

http://www.cell.com/immunity/abstract/S1074-7613%2813%2900141-6
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