Bei Kopfverletzungen nicht röntgen

Im Kindes- und Jugendalter sind Kopfverletzungen keine Seltenheit, etwa bei Unfällen oder Stürzen. Eine Röntgenaufnahme des Schädels nutzt in solchen Fällen den kleinen Patienten jedoch nichts. Nur wenn der Arzt bei einer klinischen Untersuchung bestimmte Warnzeichen für eine Gehirnverletzung diagnostiziert, liefert eine nachfolgende Untersuchung mit dem Computer-Tomographen wichtige Informationen für die weitere Therapie. Dies betonen Experten auf dem Deutschen Röntgenkongress in Wiesbaden.
(Wiesbaden) In den Jahren 1994 bis 1997 ist die Zahl der Röntgenuntersuchungen des Schädels um rund 25 Prozent gestiegen. Dies belegt eine Untersuchung des Instituts für Strahlenhygiene des Bundesamtes für Strahlenschutz, die auf dem Röntgenkongress präsentiert wird. Über die Gründe für diese Zunahme verrät die Erhebung allerdings nichts. Experten vermuten jedoch, dass Röntgen-Unter-suchungen bei Kindern und Jugendlichen nach Kopfverletzungen – oft auf Drängen besorgter Eltern – daran einen erheblichen Anteil haben dürften. Die Indikation wird also nicht streng genug von den Ärzten gestellt.
„Solche Untersuchungen nutzen den betroffenen Patienten jedoch nichts, wie zahlreiche Studien belegen“, erklären Experten der Deutschen Röntgengesellschaft. „Denn Gehirnverletzungen sind auf Röntgenaufnahmen nicht erkennbar“, betont Professor Jochen Tröger, Leiter der Abteilung für Kinderradiologie an der Universität Heidelberg. „Ebenso wissen wir sicher, dass es keinen Zusammenhang zwischen Brüchen des Schädelknochens und Gehirnverletzungen gibt.“ Im Klartext: Es gibt Schädelbrüche ohne Gehirnverletzungen und Gehirnverletzungen ohne Schädelbrüche.
Da ein Bruch der Schädelkalotte ohnehin nicht behandelt werden kann, hat dessen Nachweis keine therapeutische Konsequenz. Gravierender noch: „Wenn keine Fraktur auf dem Röntgenbild erkennbar ist, besteht die Gefahr, dass man sich in falscher Sicherheit wiegt, denn eine Gehirnverletzung ist damit ja keineswegs ausgeschlossen“, betont Professor Maximilian Reiser, Präsident des Deutschen Röntgenkongresses.
„Wichtig ist darum in erster Linie die klinische Untersuchung des kleinen Patienten durch einen Arzt“, erklärt Tröger. Diagnostiziert der Mediziner dabei neurologische Warnzeichen, beispielsweise eine unterschiedliche Weitstellung der Pupillen, die auf eine Gehirnverletzung hindeuten können, dann ist eine Untersuchung mit dem Computer-Tomographen erforderlich. „Nur eine solche Untersuchung liefert für die weitere therapeutische Weichenstellung wichtige Informationen“, erklärt der Kinderradiologe.
Auch die Eltern betroffener Kinder können bereits auf bestimmte Warnsignale achten: Wenn das Kind nach einem Unfall etwa erbricht, schlecht ansprechbar oder gar bewußtlos ist, muss es unbedingt sofort ärztlich untersucht werden. Auch auffällige Verhaltensänderungen oder eine ungewöhnliche Müdigkeit, selbst noch einige Tage nach einem Unfall, können ein Warnsignal sein.
Pressestelle:
Während der Tagung 23. – 26. Mai 2001:
Regine Schulte Strathaus, Rhein-Main-Hallen,
Büro Nr. 3, Ebene 1
Tel.: 0611/144-203; Fax: 144-403
Danach:
Barbara Ritzert; ProScientia GmbH,
Andechser Weg 17, 82343 Pöcking
Tel.: 08157/93 97-0; Fax: 08157/93 97-97;
e-mail: ritzert@proscientia.de

Rückfragen an:
Professor Dr. Jochen Tröger
Leiter der Abteilung für Kinderradiologie
Universität Heidelberg
Tel. 06221/562329
Fax: 06221/562998
e-mail: jochen_troeger@med.uni-heidelberg.de

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Dipl. Biol. Barbara Ritzert idw

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