Neue Muschelart für die Schweiz entdeckt

Anodonta exulcerata (Porro, 1838) NMBE / Estée Bochud

Bisher waren in der Schweiz sieben einheimische Arten von Süsswassermuscheln bekannt. Seit längerem weiss man von zwei dieser sieben, dass sie nah miteinander verwandt sind. Die Schwanenmuschel (Anodonta cygnea), unsere grösste, heimische Muschelart, die eine Länge von bis zu 20 Zentimetern erreicht, und die etwas kleinere Entenmuschel (Anodonta anatina).

Die beiden Arten ähneln sich im Aussehen und im Verhalten so sehr, dass sie nur von Experten unterschieden werden können. Auch die neue Art sieht diesen beiden Muschelarten verblüffend ähnlich. Eigentlich wurde die Muschel schon vor 180 Jahren beschrieben – allerdings nicht korrekt.

Erst als der Gentest als neue Untersuchungsmethode zur Verfügung stand, ist diese Muschel als eine eigene Art identifiziert worden. Das Spezielle: Die neue Grossmuschel ist einheimisch, also keine sogenannte invasive Art. Sie wurde nicht durch den Menschen aus einem anderen Gebiet eingeschleppt, sondern versteckte sich bis heute auch in Schweizer Gewässern.

Die Kleinzahn-Flussmuschel (Microcondylaea compressa) ist bereits seit längerem ausgestorben. Die anderen sechs bekannten Arten sind ebenfalls gefährdet oder stehen kurz vor dem Aussterben. Muscheln benötigen möglichst saubere Gewässer und ungestörte Lebensräume. Der Siedlungsdruck und die landwirtschaftliche Nutzung nagen jedoch an der Existenzgrundlage dieser sensiblen Tiere.

Wie geht’s weiter?

Das Naturhistorische Museum Bern hat die Muschel nicht selber entdeckt: Ein Wissenschaftler-Konsortium um die portugiesische Muschelexpertin Elsa Froufe hat im Rahmen seiner Forschungen über südalpine und kroatische Seen auch im Tessin Proben entnommen (Froufe et al. 2017; DOI 10.1007/s10531-017-1403-z). Allerdings ist in der Publikation die Schweiz als Herkunftsland gar nicht erwähnt – es bedurfte also dem wachsamen Auge der Wissenschaftler des Naturhistorischen Museums Bern, um zu bemerken, dass diese Grossmuschel ebenfalls in der Schweiz vorkommt.

Wie es um die Verbreitung hierzulande steht, wollen die Forscher nun klären. Es wird vermutet, dass die Tiere in einem wesentlich grösseren Areal leben könnten als nur in den südlichen Gewässern der Schweiz. In einem nächsten Schritt wird ein Team von Wissenschaftlern des Naturhistorischen Museums Bern unter der Leitung von Dr. Eike Neubert ein Forschungsprogramm aufgleisen, um diesen Fragen nachzugehen. Unter Neubert hat sich das NMBE mittlerweile zu einem Wissenszentrum für die Malakologie (Weichtierkunde) entwickelt. Inzwischen verfügt das Museum über eine der grössten und wichtigsten Sammlung von einheimischen Mollusken.

http://www.nmbe.ch

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Simon Jäggi idw - Informationsdienst Wissenschaft

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