Genetische Grundlage für psychische Erkrankungen

Institut für Phsychologie I

Wie hängt verminderte Gehirnaktivität mit psychischen Erkrankungen zusammen? Die Freiburger Neurowissenschaftlerin Prof. Dr. Marlene Bartos und die Molekularmediziner Dr. Jonas-Frederic Sauer und Dr. Michael Strüber haben herausgefunden, dass das Gen „Disrupted-in-schizophrenia 1“ (DISC1) den Informationsaustausch zwischen Nervenzellen schwächt.

Das Team geht davon aus, dass diese verminderte Kommunikation zwischen Nervenzellen ein Auslöser für psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Schizophrenie sein kann. Die Forschungsergebnisse könnten als Grundlage für neue Medikamente und Therapiemöglichkeiten dienen.

Gedanken und Gefühle basieren auf der Interaktion von Nervenzellen, den so genannten Neuronen, innerhalb des Gehirns. Dabei werden chemische Botenstoffe von einer Nervenzelle zur anderen übermittelt und lösen dort elektrische Signale aus.

Ein neuronales Netzwerk wie das Gehirn sendet diese Signale von vielen Nervenzellen zeitgleich, was sich in Aktivitätsmustern widerspiegelt. Diese werden auch als Gehirnoszillationen, also als Schwingungen, bezeichnet. Forscherinnen und Forscher haben im Gehirn von manchen Individuen mit Schizophrenie oder schwerer Depression beobachtet, dass die Oszillationen abgeschwächt sind. Frühere Untersuchungen zeigten, dass eine Mutation im Gen DISC1 verantwortlich sein könnte.

Eine mehrere Jahrzehnte andauernde Studie über eine schottische Familie zeigte, dass das verkürzte Gen DISC1 psychische Erkrankungen bei den Familienmitgliedern verursachte. Diese Mutation haben Forscher in Mäusen ausgelöst, um die Folgen des Gendefekts und die Ursachen der Erkrankungen an den Modelltieren zu untersuchen.

Das Freiburger Team hat bestätigt, dass die Mutation von DISC1 zu Veränderungen des Verhaltens führt, die einer depressiven Handlungsweise ähneln. Aufgezeichnete Gehirnaktivitäten der DISC1-Mäuse waren deutlich abgeschwächt.

Um den Auslöser für die gehemmten Gehirnoszillationen zu bestimmen, konzentrierten sich die Forscher auf den prälimbischen Kortex, der für Emotionen und motivationsangetriebene Verhalten verantwortlich ist. Die Modelltiere wiesen eine geringere Anzahl eines speziellen Typus hemmender Neurone auf, genannt „fast-spiking Interneurone“.

Diese Nervenzellen verfügen zudem über eine geringere Anzahl von Verbindungen zu Zielzellen und zeigen Schwierigkeiten beim Empfangen und Versenden chemischer Botenstoffe. Dadurch wird ihre Kommunikation mit anderen Neuronen reduziert.

Die Forscher gehen davon aus, dass dies einer der Gründe für die abgeschwächten Gehirnoszillationen ist. Da der prälimbische Kortex die Informationen verschiedener Gehirnareale integriert und motorisches Verhalten kontrolliert, gelte es nun, herauszufinden, wie diese Informationen die Aktivität des prälimbischen Kortex beeinflussen und somit zu depressivem Verhalten beitragen können.

Originalpublikation:
Jonas-Frederic Sauer, Michael Strüber, Marlene Bartos: Impaired fast-spiking interneuron function in a genetic mouse model of depression. eLife 2015. DOI: http://dx.doi.org/10.7554/eLife.04979
http://elifesciences.org/content/early/2015/03/03/eLife.04979

Kontakt:
Prof. Dr. Marlene Bartos
Institut für Physiologie I / Systemische und Zelluläre Neurophysiologie
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-5150
E-Mail: marlene.bartos@physiologie.uni-freiburg.de

http://www.pr.uni-freiburg.de/pm/2015/pm.2015-05-04.68

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Rudolf-Werner Dreier idw - Informationsdienst Wissenschaft

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