Peptid-Struktur an der Zelloberfläche steuert Killerzellen und Verhalten von Mäusen

Mäuse, die Mitglieder ihrer Population mit dem Geruchssinn identifizieren und die Erkennung von körpereigenen Zellen durch die Killerzellen der Immunabwehr basieren offenbar auf dem gleichen Erkennungsmerkmal: charakteristische Peptide, die als Individualitäts-Ausweis fungieren und nicht nur auf dem Niveau der Zellen sondern auch der Individuen maßgeblich zur Unterscheidung von „eigen“ und „fremd“ beitragen.

Entsprechende Forschungsergebnisse publizieren Forscher der Universität Hohenheim zusammen mit Kollegen des Freiburger Max-Planck-Institutes für Immunbiologie, der University of Cambridge in Großbritannien und der US-amerikanischen University of Maryland School of Medicine in der aktuellen Ausgabe von Science.

Ob ein Muttertier ihr Jungtier erkennt und zum Säugen zulässt, ob sich erwachsene Tiere nach dem Leben trachten oder paaren: Das Miteinander von Säugetieren wird maßgeblich über die Nase kontrolliert. Dabei sind chemische Signalstoffe als Auslöser von verschiedenem Verhalten schon seit längerem bekannt. Vor allem die Frage aber, wie individuelle Tiere chemosensorisch erkannt und unterschieden werden, ist ein ungelöstes Rätsel.

In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins ’Science’ präsentiert ein Forschungsteam um den Hohenheimer Leibniz-Preisträger Professor Dr. Heinz Breer als Antwort einen Mechanismus, auf dem auch die körpereigene Immunabwehr basiert: Auf ihrer Oberfläche tragen alle Zellen im Körper so genannte MHC-Peptide. Die Killerzellen der Immunabwehr erkennen diese Peptide als individuellen Ausweis und akzeptieren körpereigene Peptide wie einen molekularen Passierschein. Eine virus-infizierte Zelle, die virale Peptide auf der Oberfläche trägt, wird zerstört.

In Science publizieren die Wissenschaftler den Nachweis, dass Mäuse offenbar diesen Peptid-Ausweis auch bei der Erkennung von Individuen nutzen, zum Beispiel bei Partnersuche, Rivalität oder Mutter-Kind-Erkennung. Im Rahmen ihrer Studien zeigten die Forscher, dass die entsprechenden Peptide das Sozialverhalten von Mäusen beeinflussen.

Die spezifischen Peptide werden mit der Nase registriert; allerdings geschieht dies nicht über das für die Wahrnehmung von Duftstoffen zuständige Riechepithel, sondern mit Hilfe einer speziellen chemosensorischen Struktur in der Nasenscheidewand, dem Vomeronasalorgan (VNO), das für die Registrierung von Pheromonen zuständig ist. Mit Hilfe moderner zellbiologischer Analyse-Verfahren gelang es den Forscherteams aufzuzeigen, dass im VNO wenige spezielle Sinneszellen auf sehr geringe Konzentrationen der MHC-Peptide reagieren. Die Aktivierung dieser Sinneszellen könnte für die Auflösung charakteristischer Verhalten verantwortlich sein. Diese Befunde demonstrieren, dass der molekulare „Ausweis“ sowohl für die Erkennung von Zellen als auch von Individuen gilt.

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Florian Klebs idw

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