Blauzungenkrankheit jetzt deutschlandweit

Das geht aus Untersuchungen hervor, die von dem Düsseldorfer Parasitologen Prof. Dr. Heinz Mehlhorn im Auftrag des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung koordiniert wurden und auf hiesige Gnitzenfängen sowie Blutuntersuchungen des Friedrich-Löffler-Instituts zurückgehen.

Mittlerweile sind in der Bundesrepublik weit über 100.000 Schafe und Rinder gemeldet, die mit dem Virus infiziert sind, allein in NRW über 10.000. Die Zahl der tatsächlich erkrankten Nutztiere schätzt Mehlhorn weit höher ein.

Weitergegeben wird das erstmals 2006 in Holland, Belgien und dem Aachener Raum aufgetretene Blauzungenvirus durch Stechmücken, sg. „Gnitzen“. Die nur 0,8 mm große Gnitzenart Culicoides obsoletus konnten Mehlhorn und sein Team damals als Überträger des Krankheitsauslösers identifizieren.

Die Hoffnung war nun, dass das Virus im Winter 2006/07 abstarb. Die Untersuchungen zeigten jedoch, dass auch im Jahr 2007 die Gnitzenart Culicoides obsoletus Überträger des Virus ist und die Krankheit sich rasant über das Bundesgebiet ausgebreitet hat. Waren ursprünglich nur Höfe rund um Aachen, dann in ganz NRW betroffen (ca. 800 Betriebe), sind jetzt auch Viehbestände in Bayern, im Berliner Raum und in Sachsen befallen.

Die Krankheit ist für den Menschen nicht ansteckend, der Erreger greift bei Schafen, Rindern und Ziegen die Schleimhäute und viele andere Organe an und verursacht Fieber.

Die Todesrate der befallenen Schafe liegt bei bis zu 30 Prozent, die der Rinder bei vier Prozent. Der volkswirtschaftliche Schaden ist enorm, da die Tiere nicht transportiert werden dürfen und die Milchleistung rapide sinkt.

Die bundesweite Ausbreitung der Krankheit führt der Düsseldorfer Parasitologe hauptsächlich darauf zurück, dass offenbar Tiere transportiert wurden, die äußerlich nicht krank erschienen, jedoch bereits das Virus trugen.

Leitfrage für Mehlhorn und sein Team war dabei: Was ist der Grund für die rasante Ausbreitung des Virus in Zentral-Europa: die globale Erwärmung oder die Globalisierung?

Hintergrund: Ursprünglich glaubte man, dass der Überträger des Virus im wesentlichen die Art Culicoides imicola sei, die im Süden Afrikas beheimatet ist und auch am Nordrand des Mittelmeeres vorkommt. War diese nun durch die globale Erwärmung nach Norden gezogen und mit ihr das Virus? Die Antwort lautet: nein.

Es erwies sich in den vom Monitoring – Team bundesweit durchgeführten Fängen von 2006 und 2007, dass die in Mitteleuropa wichtigste Art, die dort schon immer in großen Mengen vorhanden war und von März bis Dezember fliegt, dafür verantwortlich ist. Also ist das Virus offenbar durch globalisierten Tiertransport nach Zentraleuropa gekommen, denn Culicoides imicola war in Deutschland, Belgien und Holland in keinen Fängen dabei.

Kontakt:
Prof. Dr. Heinz Mehlhorn
Institut für Zoomorphologie, Zellbiologie und Parasitologie
Heinrich-Heine-universität Düsseldorf
Tel. 0211-8113052, Fax 0211-8114499, mail: mehlhorn@uni-duesseldorf.de

Media Contact

Rolf Willhardt idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-duesseldorf.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Agrar- Forstwissenschaften

Weltweite, wissenschaftliche Einrichtungen forschen intensiv für eine zukunftsfähige Land- und Forstwirtschaft.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Themen: Bioenergie, Treibhausgasreduktion, Renaturierung und Landnutzungswandel, Tropenwälder, Klimaschäden, Waldsterben, Ernährungssicherung, neue Züchtungstechnologien und Anbausysteme, Bioökonomie, Wasserressourcen und Wasserwiederverwendung, Artenvielfalt, Pflanzenschutz, Herbizide und Pflanzenschädlinge, digitale Land- und Forstwirtschaft, Gentechnik, tiergerechte Haltungssysteme und ressourcenschonende Landwirtschaft.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Aufbruchstimmung in der Alzheimer-Forschung

Bei der Alzheimer Erkrankung lagern sich Eiweiße im Gehirn ab und schädigen es. Prof. Dr. Susanne Aileen Funke von der Hochschule Coburg hat eine Methode gefunden, die solche gefährlichen Eiweißverbindungen…

Chronische Entzündungen durch Ansätze aus der Natur behandeln

Die interdisziplinäre Forschungsgruppe „nature4HEALTH“ hat jüngst ihre Arbeit aufgenommen. Das Team der Friedrich-Schiller-Universität Jena und des Universitätsklinikums Jena entwickelt ganzheitliche naturstoffbasierte Therapieansätze für die Behandlung chronisch-entzündlicher Erkrankungen. Chronische Entzündungen sind…

Antivirale Beschichtungen und Zellkultur-Oberflächen maßgeschneidert herstellen

Verfahren der Kieler Materialwissenschaft ermöglicht erstmals umfassenden Vergleich von Beschichtungen für biomedizinische Anwendungen. Der Halteknopf im Bus, die Tasten im Fahrstuhl oder die Schutzscheibe am Anmeldetresen in der Arztpraxis: Täglich…

Partner & Förderer