Stellnetzfischerei gefährdet tauchende Seevögel

Die Küstengewässer in Mecklenburg-Vorpommern und die Gewässer der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) sind wichtige Fanggebiete für die deutsche Küstenfischerei, zum Fang von Fischarten wie Dorsch und Hering.

Doch sind die dabei verwendeten Stellnetze (sog. Kiemen- und Verwickelnetze) in Gebieten, in denen sich Fischereiaktivitäten und das hohe Vorkommen von rastenden und überwinternden Seevögeln überlagern, ein hohes Risiko für die Tiere. Denn die Seevögel verfangen sich bei der Nahrungssuche in den feinen Maschen der Stellnetze und ertrinken. Die höchsten Beifangraten in der deutschen Stellnetzfischerei traten in den inneren Küstengewässern (Bodden) und der 3-Seemeilen Zone auf.

Dies ist ein Ergebnis des Forschungsvorhabens „Beifang von Seevögeln in der passiven Meeresfischerei der Ostsee“, das im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) vom „Institut für angewandte Ökologie“ durchgeführt wurde.

„Obwohl das Problem des Beifangs von Seevögeln in der Stellnetzfischerei auch in deutschen Gewässern seit längerem bekannt ist, gab es bisher nur wenige konkrete Informationen über die Höhe und das Ausmaß der Seevogelbeifänge. Die vorliegende Untersuchung zeigt für die Rastvogelbestände von Eis- und Bergente, dass die dokumentierten Beifangverluste durch die Stellnetzfischerei einen möglicherweise bestandsgefährdenden Umfang erreichen“ sagte BfN-Präsidentin Beate Jessel. Deshalb sind im Ostseeraum einschließlich den inneren und äußeren Küstengewässern von Mecklenburg-Vorpommern fischereiliche Maßnahmen notwendig, die die Vogelbeifangraten insbesondere in Stellnetzen reduzieren. Als wirksame Maßnahme kommen hier auch alternative Fanggeräte (z.B. Fischfallen) in Frage, so Professorin Jessel.

Die deutschen Küstengebiete und die sich seewärts anschließende Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) der Ostsee sind international bedeutende Rast- und Überwinterungsgebiete für zahlreiche Seevögel (z.B. Tauch-, und Meeresenten, Lappentaucher, Säger etc) insbesondere im Winterhalbjahr. Zur Umsetzung der EU Vogelschutzrichtlinie wurden sowohl in Küstengewässern, als auch in der deutschen AWZ, Vogelschutzgebiete (SPAs) ausgewiesen. Neben der Verpflichtung in diesen Gebieten Maßnahmen zum Schutz der Seevögel umzusetzen, gibt es weitere Bemühungen seitens der EU Kommission den fischereilichen Beifang von Seevögeln im Rahmen eines EU-Aktionsplans zu reduzieren.

Die im Rahmen des Forschungsvorhabens ermittelten Beifangraten von Vögeln in der Stellnetz- und Langleinenfischerei waren von der fischereilichen Zielart, der Jahreszeit und dem Fanggebiet abhängig. Die höchsten mittlere Beifangrate wurden in der Stellnetzfischerei zum Fang von Zander, Hecht und Barsch beobachtet. Saisonal wurden die höchsten Beifangraten und Todesfällen in der Grundstellnetzfischerei zum Fang von Dorsch, Flunder, Salmoniden, Zander, Hecht und Barsch in den Wintermonaten von Dezember bis April festgestellt. In der Herings- und Hornhechtfischerei mit pelagischen Stellnetzen traten hohe Vogel-Beifangraten von Januar bis Mai auf.

Die Höhe und Zusammensetzung der Beifänge in der passiven Fischerei in der AWZ konnte im Rahmen des Forschungsvorhabens aufgrund der unzureichenden Datenlage jedoch nicht abschließend beurteilt werden. Notwendig sind deshalb insbesondere verstärkte Beifanguntersuchungen in den Wintermonaten in der AWZ und auch auf Fischereifahrzeugen aus anderen EU-Mitgliedsstaaten (z.B. Polen, Lettland), um das genaue Ausmaß der Vogelbeifänge und die Anzahl getöteter Tiere im Vogelschutzgebiet Pommersche Bucht genau zu bestimmen.

Eine auf den in dieser Studie ermittelten Beifangraten beruhende Hochrechnung für die Stellnetzfischerei durch Fischer aus Mecklenburg-Vorpommern ergab eine jährliche Anzahl von 17.345 bis 19.841 getöteten Seevögeln im Zeitraum November bis Mai. Für die Heringsfischerei im Greifswalder Bodden im Zeitraum Februar bis Mai ergaben Hochrechnungen je nach Datengrundlage jährliche Gesamtbeifänge von 918-2259 Vögeln. Allerdings beruhen diese Hochrechnungen auf konservativen Schätzungen des Fischereiaufwands, da offizielle Angaben zum Gesamtfischeraufwand fehlen. Aus diesem Grund sind diese Hochrechnungen wahrscheinlich eher niedriger als die tatsächlichen Beifangzahlen.

Die o.g. Studie ist einsehbar unter:
http://www.bfn.de/habitatmare/de/downloads-berichte-der-forschungsvorhaben.php

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Franz August Emde idw

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