Computersimulationen erklären präzise die Lichtreflexionen der Federn

Für Biologen sind Paradiesvögel mit ihrem farbenprächtigen Gefieder und ihren ausgeprägten Balztänzen schon lange ein interessantes Forschungsobjekt.

Nun hat ein Physikerteam die komplexen optischen Eigenschaften der Nacken- und Brustfedern der Art Parotia lawesii am Computer simuliert. Wie die Jülicher Professorin Kristel Michielsen und Wissenschaftler der Universität Groningen in der Zeitschrift PNAS berichten, stimmten die Ergebnisse der Simulation sehr gut mit zuvor gemessenen Streulicht-Mustern und Streulicht-Spektren überein.

Somit konnten die Wissenschaftler von Grund auf die Farbigkeit der Federn erklären, die durch Lichtreflexion an Nanostrukturen in den Federn hervorgerufen wird. Das Computermodell könnte auch bei der Optimierung fotonischer Materialien helfen.

Männliche Blaunacken-Strahlenparadiesvögel (Parotia lawesii) führen auf sonnigen Waldböden, die sie zuvor als Balzarenen hergerichtet haben, ein verblüffendes Tanzritual auf. Während des sogenannten Ballerina-Tanzes zeigen sie den Weibchen, die von Zweigen in der Umgebung herunterblicken, ihre bunten Brustfedern. Diese Federn leuchten während der Tanzbewegungen mal orange, mal grün und mal blau. Die Nackenfedern dagegen präsentieren sich spiegelnd-silbrig. Ansonsten ist das Gefieder pechschwarz.

Die Physiker aus Jülich und dem niederländischen Groningen haben zunächst die optischen Eigenschaften einzelner Brust- und Nackenfedern mit einem besonderen Streulichtmessgerät bestimmt. Die bunten Farbeindrücke werden durch die Reflexion des Sonnenlichtes an winzigen Strukturen in den Federn – genauer: in den Bogen- und Hakenstrahlen der Federäste – der Vögel hervorgerufen.

In den Federästen sind nanometergroße Körnchen aus dem Pigment Melanin, das bei Menschen für Hautfarbe und Hautbräunung verantwortlich ist, zu regelmäßigen Schichten angeordnet. An jeder einzelnen Schicht werden die Sonnenstrahlen zurückgeworfen, wobei sie sich durch Interferenz auf charakteristische Weise verstärken oder auslöschen. Die Melanin-Körnchen in den Brustfedern sind kleiner und weniger dicht gepackt als die in den Nackenfedern. Außerdem haben die Brustfederäste einen Bumerang-förmigen Querschnitt und sind von einem dünnen Film des Proteins Keratin eingehüllt. Diese Faktoren sind die Ursache für das komplexe Reflexionsverhalten und das Farbenspiel der Brustfedern.

Die Bilder und Spektren, die sich aus den Streulichtmessungen ergaben, waren nahezu identisch mit denen, die das Forscherteam aufgrund von Computersimulationen erhielt. „Das bedeutet: Wir können das Zustandekommen des komplexen Reflexionsmusters der Federn vollständig nachvollziehen und somit erklären“, freut sich Kristel Michielsen vom Jülich Supercomputer Centre (JSC).

Ausgangspunkt der Computersimulationen sind Gleichungen, mit denen Physiker die Ausbreitung von Lichtwellen durch ein Medium beschreiben. Michielsen hat einen Programmcode entwickelt, mit dem sich diese sogenannten „zeitabhängigen Maxwell-Gleichungen“ lösen lassen. Im Falle der Paradiesvögel mussten unter anderem die genaue Form der Federäste sowie die komplexen Lichtbrechungsindizes von Melanin und Keratin in das Programm eingegeben werden. Doch der Programmcode von Michielsen könnte auch interessant sein, um mit seiner Hilfe am Computer nanostrukturierte Materialien mit interessanten optischen Eigenschaften zu entwerfen.

Die simulierten und gemessenen Spektren belegen eine starke Abhängigkeit der Reflexionen vom Winkel des einfallenden Lichtes. Offensichtlich stimulieren die Reflexionen das Sehsystem der weiblichen Paradiesvögel auf sehr spezielle Weise. Denn in den Augen der Paradiesvögel gibt es vier Arten von Fotorezeptoren, die unterschiedlich empfindlich für verschiedene Wellenlängenbereiche des Lichts sind und mit denen die Vögel auch außerhalb des menschlichen Wahrnehmungsbereiches, im Ultravioletten, sehen können.

Während die Lichtreflexionen der Nackenfedern stets alle Fotorezeptoren beim Weibchen aktivieren, werden durch die Reflexion der Brustfedern abhängig vom Lichteinfallswinkel wechselnde Fotorezeptor-Arten erregt. Erst durch den Tanz, bei dem die Federn unter ständig wechselndem Winkel beleuchtet werden, entsteht in den Augen der Weibchen ein Farbenspiel, das einen Werber einzigartig und attraktiv machen kann.

Bodo D. Wilts, Kristel Michielsen, Hans De Raedt, and Doekele G. Stavenga:
Sparkling feather reflections of a bird-of-paradise explained by finite-difference time-domain modeling. PNAS 2014; published ahead of print March 3, 2014 (DOI:10.1073/pnas.1323611111)

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