Schweinswal contra Windenergie


Tausende riesiger Windräder sollen zukünftig auf hoher See saubere Energie liefern. Doch welche Auswirkungen haben die Windfarmen auf Vogelzug, Schweinswale, Kegelrobben, Seehunde, Schifffahrt und Fischerei? Welches könnten die Auswirkungen der neuen Windparks sein, die bei der Planung, dem Bau und Betrieb der Offshore-Anlagen beachtet werden müssen? Wissenschaftler der TU Berlin stellen Kriterien zusammen, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung 40 Kilometer von der Küste umfassen muss.

In der deutschen Nord- und Ostsee sollen schon bald riesige Windparks zur Energiegewinnung entstehen. Die Planung sieht vor, jenseits der 12-Seemeilenzone leistungsstarke 5-Megawatt-Anlagen in bis zu 40 Metern Wassertiefe zu verankern. 160 Meter hoch werden die Windräder in den Himmel ragen. Und dass dieses Vorhaben auf großes Interesse stößt, zeigt die Zahl von bislang 30 Anträgen für Windparks auf offener See. Kein Wunder, denn den Produzenten wird die Stromabnahme unter günstigen Einspeisungsbedingungen garantiert, sofern die entsprechenden Anlagen bis 2006 installiert sind.
Die Diskussion um Windenergieanlagen in der deutschen Nord- und Ostsee wird als entscheidender Beitrag zum Klimaschutz geführt. Windenergieanlagen sind eine erneuerbare und dennoch nicht konfliktfreie Form der Energieerzeugung. Zu berücksichtigen sind die Belange der Schifffahrt (Verkehrswege, Havarierisiko), der Wirtschaft (z. B. Fischerei, Abbau von Bodenschätzen), der militärischen Nutzung sowie nicht zuletzt des Umwelt- und Naturschutzes. Zu den möglichen Auswirkungen zählen der Vogelschlag, der Verlust von Lebensräumen für den Prachttaucher und für andere geschützte Seevogelarten oder die Belastungen von Schweinswalen, Seehunden und Kegelrobben durch Baulärm. Auch der Tourismus kann durch das See-Landschaftsbild beeinträchtigt werden. Der Ausbau der Windenergienutzung außerhalb der 12-Seemeilen-Zone soll daher stufenweise erfolgen, flankiert von einer ökologischen Begleitforschung.
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) fördert im Rahmen des Zukunftsinvestitionsprogramms Projekte, die wissenschaftliche Informationen für einen „umwelt- und naturverträglichen Ausbau der Offshore-Windenergienutzung“ entwickeln. Ziel der „Ökologischen Begleitforschung zur Offshore-Windenergienutzung“ des BMU ist die zügige Schaffung der Rahmenbedingungen für die Errichtung der Offshore-Windparks, um die „erheblichen Potenziale“ möglichst schnell nutzen zu können. Damit verbunden ist die Forderung nach einer weitgehenden Rechts- und Planungssicherheit sowie nach der Lösung bestehender Schutz- und Nutzungskonflikte.
Zu den geförderten Forschungsprojekten gehört auch das Vorhaben vom Institut für Landschafts- und Umweltplanung der TU Berlin. Dort erarbeitet man derzeit Kriterien, die für einen umwelt- und naturverträglichen Ausbau der Offshore-Windenergieanlagen von den Bundesbehörden benötigt werden. Dafür muss die aus dem Binnenland bekannte Umweltverträglichkeitsplanung „seegängig“ gemacht werden.
Die Bundesregierung strebt eine Verdopplung des Anteils der erneuerbaren Energien bis 2010 zur Deckung von 12,5 % des Strombedarfs (Jahr 2000) an. Ende 2001 waren rund 8.750 MW Windkraftleistung am Netz. Damit konnten mehr als 2,5 Prozent des Strombedarfs gedeckt und rund 10 Millionen Tonnen CO2, d. h. ein Prozent der CO2-Emissionen, eingespart werden.
Bundesumweltminister Trittin plant, dass bis zum Jahr 2030 rund 25 Prozent des Energieverbrauchs aus Windkraft gedeckt werden soll. Windenergieanlagen auf See sollen 15 Prozent produzieren. Die im Vergleich zum Festland bedeutend höheren Kosten für die Stromübertragung durch Seekabel und für die Fundamente sollen durch sehr leistungsstarke Windenergieanlagen kompensiert werden. Auf dem Festland wird ein weiterer Ausbau der windangetriebenen Energielieferanten lediglich an besonders geeigneten Standorten erfolgen; alte, kleinere Anlagen können durch moderne, leistungsstärkere ersetzt werden („Repowering“).

Datenbank
Projekt: Ökologische Begleitforschung zur Windenergie-Nutzung im Offshore-Bereich der Nord- und Ostsee – Instrumente des Umwelt- und Naturschutzes: Strategische Umweltprüfung, Umweltverträglichkeitsprüfung und FFH-Verträglichkeitsprüfung
Ansprechpartner: Prof. Dr. Johann Köppel, Dr.-Ing. Wolfgang Peters, E-Mail: peters@imup.tu-berlin.de, Dipl.-Ing. Alexandra Langenheld, E-Mail: langenheld@ile.tu-berlin.de, Dipl.-Ing. Elke Bruns, Dr.-Ing. Wolfgang Wende
Kontakt: TU Berlin, Institut für Landschafts- und Umweltplanung, Tel.: 030/314-73324
Fachgebiet: Landschaftsplanung, insbesondere Landschaftspflegerische Begleitplanung/Umweltverträglichkeitsprüfung
Finanzgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)

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Ramona Ehret idw

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