Schnelle Hilfe für Schlaganfallpatienten?

Mittels Magnetoenzephalographie (MEG, oben im Bild) wurde die Hirnaktivität der Probanden aufgezeichnet, während diese sich Handbewegungen vorstellten. Diese wurde mit einer Orthese (vorne im Bil Foto: Surjo R. Soedakar

Motorische Neuroprothesen ermöglichen gelähmten Menschen wieder Mobilität: Über eine Gehirn-Maschine-Schnittstelle (engl. brain-machine interface, BMI) können sie lernen, Roboterarme mit ihren Hirnwellen zu steuern.

Dabei wird die Hirnaktivität direkt in Steuersignale von Maschinen oder Robotern übersetzt. Um solche Systeme zuverlässig steuern zu können, braucht es allerdings häufig ein langes Training, vor allem für Patienten mit Schlaganfall oder Verletzungen des Gehirns.

Wissenschaftler der Universität Tübingen haben nun einen Weg gefunden, wie sich die Steuerung schneller trainieren lässt: In einer kürzlich veröffentlichen Studie in Zusammenarbeit mit den National Institutes of Health (NIH) in den USA zeigen sie, dass Probanden, die eine elektrische Hirnstimulation erhalten, deutlich weniger Zeit brauchen, um die Steuerung einer Neuroprothese zu erlernen. 

Für die Studie trainierten mehr als 30 gesunde Probanden jeweils täglich über eine Woche, eine Gehirn-Maschine-Schnittstelle anzusteuern. Hierbei wurde die Vorstellung, die Hand zu bewegen, mittels einer „Handorthese“ in reale Bewegungen der Hand übersetzt.

Dabei lernten Probanden, deren primäre motorische Großhirnrinde vor dem Training elektrisch stimuliert wurde, wesentlich schneller als die Kontrollgruppe. Diese verbesserte Steuerung war auch nach einem Monat noch feststellbar. In einer Folgestudie soll dieses Verfahren nun bei Patienten mit Schlaganfall getestet werden.

Die Forscher gehen davon aus, dass die kombinierte Anwendung von elektrischer Hirnstimulation mit Gehirn-Maschine-Schnittstellen in Zukunft eine sehr wichtige Rolle in der Behandlung neurologischer sowie psychiatrischer Erkrankungen spielen wird. 

Originalveröffentlichung: Soekadar S, Witkowski M, Birbaumer N, Cohen LG: „Enhancing Hebbian Learning to Control Brain Oscillatory Activity“. Cerebral Cortex (2014). DOI: 10.1093/cercor/bhu043

Kontakt:
Dr. med. Surjo R. Soekadar
Universität Tübingen
Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Arbeitsgruppe Angewandte Neurotechnologie
Telefon +49 7071 29-82625
surjo.soekadar@uni-tuebingen.de

Media Contact

Antje Karbe idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.uni-tuebingen.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen

Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer