Gesellschaften mit Zivilcourage erfolgreicher

Erfurter Studie im Wissenschaftsmagazin „Sience“

Eine am Laboratorium für experimentelle Wirtschaftsforschung an der Universität Erfurt durchgeführte Studie erzielt große Resonanz in der Wissenschaft und der internationalen Presse. In der vom renommierten Wissenschaftsmagazin Science heute (7. April) veröffentlichten Studie zeigen Prof. Dr. Bettina Rockenbach und ihre Mitarbeiter Özgür Gürerk und Dr. Bernd Irlenbusch (jetzt London School of Economics), dass Gesellschaften, die sich durch Zivilcourage ihrer Bürger gegenüber die Allgemeinheit schädigendem Verhalten auszeichnen, bevorzugt werden und einen Vorteil gegenüber Gesellschaften haben, in denen Trittbrettfahrer nicht sanktioniert werden.

Die im Experiment untersuchte Situation der Bereitstellung öffentlicher Güter zeichnet sich dadurch aus, dass der Einzelne private Ressourcen aufwendet, um das Allgemeinwohl zu steigern und alle Mitglieder der Gesellschaft davon profitieren, unabhängig davon ob und wie viel sie selber beigetragen haben. Beispielsweise profitieren alle von der mit dem Kauf eines abgasreduzierten Autos einhergehenden geringeren Luftverschmutzung, auch die, die selbst nicht zur Abgasreduktion beigetragen haben, jedoch fallen die Kosten nur beim Käufer an. In solchen Situationen hat jeder Einzelne Trittbrettfahreranreize, wodurch keine Kooperation zustande kommt. Da ähnliche Situationen in vielen ökonomisch relevanten Bereichen, z.B. im Umweltschutz, in der Teamproduktion, oder im Management eines Gemeinschaftsguts vorhanden sind, ist die Frage nach den Mechanismen zur Kooperationssteigerung von großer Bedeutung.

In der neuen in Science veröffentlichen Studie „The competitive advantage of sanctioning institutions“ zeigen Gürerk, Irlenbusch und Rockenbach, dass sich Institutionen, in denen normverletzendes Verhalten z.B. durch soziale Ächtung sanktioniert werden kann, im Wettbewerb mit anderen Institutionen durchsetzen. Einer kleine Gruppe von Kooperativen gelingt es unter Inkaufnahme hoher persönlicher Kosten eine kooperative Norm zu etablieren. Angezogen durch die hohen Kooperationsgewinne treten selbst ehemalige Trittbrettfahrer ihr bei und werden zu Kooperativen, die auch selbst Normverletzer bestrafen. Die Institution ohne Sanktionsmöglichkeiten stirbt aus. Die Ergebnisse lassen nicht den Schluss zu, dass härtere Strafen oder mehr staatliche Interventionen notwendig sind, ebenso wenig dass Gesellschaften, in der die Mitglieder stärker überwacht werden, einen Wettbewerbsvorteil haben. Vielmehr zeigt die Studie, dass eine Gesellschaft, in der Menschen soziales Fehlverhalten der Mitmenschen unter Inkaufnahme eigener Kosten sanktionieren, bevorzugt wird und diese besser soziale Dilemmata meistern kann als eine Gesellschaft, die soziales Fehlverhalten nicht sanktioniert.

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Jens Panse idw

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