Studie: Patienten mit schlechtem Gesundheitszustand gehen seltener zum Arzt

Bertelsmann Stiftung: Praxisgebühr zeigt unerwünschte Nebenwirkungen

Patienten mit schlechtem Gesundheitszustand gehen seit Ein­führung der Praxisgebühr seltener zum Arzt. Das verdeutlicht der aktuelle „Gesundheitsmo­nitor“ der Bertelsmann Stiftung. Im Vergleich zum Durchschnitt haben die Befragten, die ihren Gesundheitszustand als „schlecht“ bezeichnen, die Häufigkeit ihrer Arztbesuche am stärksten reduziert: Von 2003 bis 2005 sank die Zahl um rund ein Drittel, von durchschnitt­lich 23 Besuchen auf 16. „Hier besteht die Gefahr, dass die Patienten auch auf wichtige Arztbesuche verzichten“, sagt Jan Böcken von der Bertelsmann Stiftung. Insgesamt ist die Zahl der Praxiskontakte seit 2003 um acht Prozent gesunken.

Die Daten des Gesundheitsmonitors zeigen, dass die Praxisgebühr als Steuerungsinstrument zwar prinzipiell greift, aber auch unerwünschte Nebenwirkungen zeigt. Ziel der im Januar 2004 eingeführten Gebühr war es, die im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hohe Zahl ambulanter Arztbesuche zu reduzieren und die Selbstbehandlung leichter Erkrankungen zu fördern. Dass ausgerechnet die Patienten, denen es gesundheitlich schlecht geht, ihre Arzt­besuche am stärksten reduziert hätten, sei bedenklich, erläutert Böcken. Allerdings nimmt die Gesamtwirkung der Praxisgebühr im Zeitverlauf ab: Haben im Frühjahr 2004 noch 35 Prozent einen Arztbesuch aufgrund der Praxisgebühr vermieden, sind es heute noch 27 Prozent.

Nicht nur der Gesundheitszustand, auch das Einkommen beeinflusst scheinbar die Reaktion der Patienten auf die Praxisgebühr: In der untersten Einkommensgruppe ist der Anteil von Menschen, die auf einzelne Arztbesuche verzichten und sich stattdessen ohne ärztliche Hilfe auskurieren, am höchsten (37 Prozent im Vergleich zu durchschnittlich 28 Prozent). Die Be­fragten aus den beiden höchsten Einkommensgruppen zeigen andererseits die größte Tendenz, Arztbesuche zeitlich aufzuschieben, also z.B. das nahe Ende eines Quartals abzuwarten (über 50 Prozent im Vergleich zu durchschnittlich 42 Prozent). „Das Ziel, die Wirkung der Praxis­gebühr durch Härtefallregelungen weitgehend vom Einkommen unabhängig zu gestalten, scheint nicht vollständig erreicht worden zu sein“, erläutert Jan Böcken.

Der Gesundheitsmonitor der Bertelsmann Stiftung befragt repräsentativ zweimal jährlich Ver­sicherte und einmal im Jahr Ärzte zu aktuellen Themen des deutschen Gesundheitswesens. Bislang wurden rund 12.000 Versicherte und 2.000 Ärzte befragt. Die Gesamtstudie – der „Gesundheitsmonitor 2005“ – erscheint im Oktober.

Über die Bertelsmann Stiftung:

Die Bertelsmann Stiftung versteht sich als Förderin des Wandels für eine zukunftsfähige Gesellschaft. Sie will Reformen in den Bereichen Bildung, Wirtschaft und Soziales, Gesundheit sowie Internationale Verständigung voranbringen. Die 1977 von Reinhard Mohn gegründete, gemeinnützige Einrichtung hält die Mehrheit der Kapi­talanteile der Bertelsmann AG. In ihrer Projektarbeit ist die Stiftung unabhängig vom Unternehmen und parteipo­litisch neutral.

Rückfragen an: Robert Amhof, Telefon: 0 52 41 / 81-81 245, E-Mail: robert.amhof@bertelsmann.de

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Julia Schormann idw

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