Wie sich Reibung bei topologischen Isolatoren kontrollieren lässt

Die Goldspitze über dem topologischen Isolator erfährt Energieverluste nur bei diskreten, quantisierten Energien – dies aufgrund von Bildladungszuständen, die sich über der Isolatoroberfläche bilden. Bild: Universität Basel, Departement Physik

Dank ihren einzigartigen elektrischen Eigenschaften versprechen topologische Isolatoren zahlreiche Neuerungen in der Elektronik- und Computerindustrie, aber auch bei der Entwicklung von Quantencomputern. Ihre ultradünne Oberfläche kann Strom fast widerstandslos leiten, wodurch weniger Wärme entsteht als bei herkömmlichen Materialien. Das macht sie für elektronische Bauteile besonders interessant.

Kommt hinzu: Bei topologischen Isolatoren kann die elektronische Reibung, also die durch Elektronen vermittelte Umwandlung von elektrischer Energie in Wärme, reduziert und gesteuert werden.

Das konnten Forschende der Universität Basel, des Swiss Nanoscience Institute (SNI) und der Technischen Universität Istanbul nun im Experiment nachweisen und zeigen, wie sich der Übergang von Energie in Wärme durch Reibung genau verhält – ein Prozess, den man als Dissipation bezeichnet.

Mit einem Pendel Reibung messen

Das Team um Professor Ernst Meyer vom Departement Physik der Universität Basel hat untersucht, wie sich Reibung an der Oberfläche eines topologischen Isolators aus Bismut-Tellurid auswirkt. Die Wissenschaftler verwendeten dazu ein Rasterkraftmikroskop im Pendelmodus.

Dabei schwingt die leitende Mikroskopspitze aus Gold knapp über der zweidimensionalen Oberfläche des topologischen Isolators hin und her. Wird eine Spannung an die Mikroskopspitze angelegt, induziert die Bewegung des Pendels einen kleinen elektrischen Strom auf der Oberfläche.

Bei herkömmlichen Materialien wird ein Teil dieser elektrischen Energie durch Reibung in Wärme umgewandelt. Bei der leitenden Oberfläche des topologischen Isolators sieht das Ergebnis ganz anders aus: Der Energieverlust durch die Umwandlung in Wärme ist stark reduziert.

«Wir sehen an unseren Messungen ganz deutlich, dass es bei bestimmten Spannungen praktisch keine Wärmebildung durch elektronische Reibung gibt», erklärt Dr. Dilek Yildiz, die diese Arbeiten im Rahmen der SNI-Doktorandenschule durchgeführt hat.

Neuartiger Mechanismus

Gleichzeitig konnten die Forschenden erstmals einen neuartigen, quantenmechanischen Dissipationsmechanismus beobachten, der nur bei bestimmten Spannungen erfolgt. Bei diesen Bedingungen wandern die Elektronen von der Spitze über einen Zwischenzustand ins Material – ähnlich wie beim Tunneleffekt in Rastertunnelmikroskopen.

Über die Regulierung der Spannung konnten die Wissenschaftler die Dissipation beeinflussen. «Die Messungen untermauern das grosse Potenzial topologischer Isolatoren, da sich die elektronische Reibung gezielt steuern lässt», ergänzt Ernst Meyer.

Prof. Dr. Ernst Meyer, Universität Basel, Departement Physik, +41 61 207 37 24, E-Mail: ernst.meyer@unibas.ch

Dilek Yildiz, Marcin Kisiel, Urs Gysin, Oguzhan Gürlü, Ernst Meyer
Mechanical dissipation via image potential states on a topological insulator surface
Nature Materials (2019), doi: 10.1038/s41563-019-0492-3
https://www.nature.com/articles/s41563-019-0492-3

Media Contact

Reto Caluori Universität Basel

Weitere Informationen:

http://www.unibas.ch

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer