Neuartige Halbleiter-Membran-Laser

Eine Halbleitermembran zwischen zwei runden Diamantscheibchen. Foto: Hermann Kahle

Herkömmliche Halbleiterlaser eignen sich besonders gut zum Einbau in komplexe Geräte, da sie sehr kompakt sind. Sie erreichen jedoch nicht die Leistung anderer Lasersysteme, und ihr Strahl ist nicht so gut fokussierbar.

Eine wichtige Verbesserung brachte die Erfindung des Festkörper-Scheibenlasers an der Universität Stuttgart und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Stuttgart. Diese befruchtete auch den Halbleiterbereich und führte zur Realisierung von Halbleiter-Scheibenlasern. Letztere sind zwar um den Faktor 100 leistungsfähiger als konventionelle Halbleiterlaser. Für viele Anwendungen reicht jedoch auch das manchmal nicht aus.

Diamant als beidseitiger Kühlkörper

An den Instituten für Halbleiteroptik und Funktionelle Grenzflächen (IHFG, Prof. Peter Michler und Dr. Michael Jetter) und für Strahlwerkzeuge (IFSW, Prof. Thomas Graf und Dr. Uwe Brauch) suchte man daher nach einem Weg, um Halbleiter-Scheibenlaser in ihrer Ausgangsleistung weiter zu verbessern, ohne deren Vorteile – unter anderem ein hervorragendes Strahlprofil und die Möglichkeit, die Wellenlänge bei laufendem Betrieb zu verstellen – aufs Spiel zu setzen.

Die Lösung bestand in einer Art Abspeckkur: Da Halbleiter selbst eher schlechte Wärmeleiter darstellen und zu hohe Temperaturen im Allgemeinen allen Lasern schaden, ließen die Wissenschaftler alles weg, was nicht unbedingt für den Laser benötigt wird:

Das Trägersubstrat, auf dem die Halbleiterschichten abgeschieden werden, wurde ganz entfernt, der bei Halbleiter-Scheibenlasern stets integrierte Halbleiterspiegel wurde durch einen weiteren externen Spiegel ersetzt. Übrig blieb die nur wenige 100 Nanometer dicke laseraktive Zone. Diese wurde zwischen zwei Diamantscheibchen gepresst, da sich der transparente Edelstein hervorragend als integrierter Kühlkörper eignet.

Hierfür isolierten die Doktoranden Hermann Kahle (IHFG) und Cherry May Mateo (damals IFSW) mit nasschemischen Verfahren die auf dem Trägersubstrat hergestellte laseraktive Zone. Die Halbleitermembran, insgesamt nur ein Achtzigstel so dick wie ein menschliches Haar, kann überhaupt nur in einer Flüssigkeit aufbewahrt werden.

Dann wurde es spannend, denn es galt, die Membran auf einen der nur vier Millimeter großen und 0,5 mm dicken Diamanten zu platzieren, und zwar an einem Stück, mittig und absolut glatt. „Wir brauchten sehr ruhige Hände, viel Geschick und Geduld, denn wenn die Halbleitermembran erst einmal angeheftet ist, kann man sie nicht mehr entfernen, ohne sie zu zerstören“, erklärt Hermann Kahle.

Nach etlichen Versuchen war das Diamant-Halbleiter-Sandwich fertig und konnte nun in einen Laserresonator eingesetzt und im Optik-Labor charakterisiert werden. Das Justieren dauerte Stunden, dann blitzte es endlich auf:

Der Membranlaser funktionierte und emittierte einen starken Lichtstrahl im roten Spektralbereich. Und dieser zeigte all die Eigenschaften, die die Doktoranden sich erhofft hatten: eine hohe Ausgangsleistung, die Einstellbarkeit der Laserwellenlänge während des Betriebs, ein perfektes Strahlprofil… und das Ganze dank des Diamant-Sandwichs bei einer Betriebstemperatur von 10°C. Früher musste das Bauteil teilweise bis minus 30°C gekühlt werden.

Für das Forscherteam fängt die Detailarbeit jetzt freilich erst an: „Wir werden künftig neue Laser realisieren können, die in der kompakten Halbleiterklasse bisher undenkbar waren“, hofft Kahle. Das dürfte zum Beispiel Mediziner freuen: Mittelfristig könnte ein neuer Laser für die photodynamische Therapie zur Verfügung stehen, dessen Wellenlänge passend zum verwendeten lichtaktiven Medikament eingestellt werden kann. Zudem kann der Lichtbereich von Halbleiterlasern um neue Farben wie Gelb oder Orange erweitert werden.

Mit anderen Halbleitermaterialien lassen sich nun auch blaue Membran-Laser herstellen. Kombiniert mit rot und grün könnten diese in neue Kinoprojektoren einfließen, die das Laserschwert in „Star Wars“ dann noch farbenfroher und schärfer aussehen lassen.

Originalpublikation: Hermann Kahle, Cherry May Mateo, et al: Semiconductor membrane external-cavity surface-emitting laser (MECSEL), Optica 3, 1506-1512 (2016).
https://www.osapublishing.org/optica/fulltext.cfm?uri=optica-3-12-1506&id=35…

Kontakt:
Hermann Kahle und Michael Jetter, Universität Stuttgart, Institut für Halbleiteroptik und Funktionelle Grenzflächen, Tel.: +49 (0)711 685 -60499 oder -65105, hermann.kahle[at]ihfg.uni-stuttgart.de,
michael.jetter[at]ihfg.uni-stuttgart.de

Andrea Mayer-Grenu, Universität Stuttgart, Hochschulkommunikation, Tel.: +49 (0)711 685 82176, andrea.mayer-grenu[at]hkom.uni-stuttgart.de

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