Infektabwehr: Der Hilferuf der Killerzellen

Killerzellen – im Fachjargon zytotoxische T-Zellen genannt – haben etwas von einem gut trainierten Polizeihund: Solange sie nicht wissen, dass sich gerade irgendwo im Körper ein Infekt ausbreitet, verhalten sie sich friedlich. Sie werden erst aktiv, wenn ihnen die Spurensicherung ein „Besitzstück“ des Krankheitserregers unter die Nase reibt. Erst dann schwärmen sie aus, um den Eindringling zu vernichten.

Die Rolle der Spurensicherung übernehmen dabei die dendritischen Zellen. Sie laufen rund um die Uhr Patrouille und halten Ausschau nach Molekülen, die es im Körper eigentlich nicht geben sollte. Wenn sie fündig werden, präsentieren sie das Fremdmolekül auf ihrer Oberfläche. Dann warten sie auf eine Killerzelle, der sie ihren Fund zeigen können.

Allerdings gibt es im Körper sehr viele unterschiedliche Killerzellen. Jede von ihnen ist auf einen bestimmten Fremdstoff spezialisiert und lässt sich nur durch ihn aktivieren. Es dauert also meist ein wenig, bis der passende Spürhund auf die dendritische Zelle stößt. Dann geht es allerdings schnell: Die Killerzelle beginnt sich rasant zu teilen. Binnen kurzer Zeit entsteht so ein Heer von Spezialkräften, die gegen den Erreger vorrücken können.

Kooperation auf Zellebene

„Wir haben untersucht, was passieren muss, damit es zu einer möglichst effektiven Vermehrung der Killerzellen kommt“, erklärt Prof. Dr. Wolfgang Kastenmüller. Der Wissenschaftler vom Institut für Experimentelle Immunologie der Universität Bonn hat die Studie geleitet, an der Forscher aus Japan, den USA, Italien und Deutschland beteiligt waren. „Bislang dachte man, dass dazu der Kontakt zur dendritischen Zelle ausreicht. Wir konnten aber zeigen, dass die Killerzelle zunächst eine Art Mitarbeiterstab zusammenstellt, indem sie gezielt andere Zelltypen herbei ordert.“

Direkt nach dem Kontakt mit dem Fremdstoff stößt die Killerzelle daher eine Art chemischen Hilferuf aus. Aufnahmen eines Spezial-Mikroskops zeigen erstmals, wie sich daraufhin bestimmte Spezialzellen der Körperabwehr zu ihr aufmachen. Nach ihrer Ankunft setzen diese Helfer verschiedene Immunprozesse in Gang. Erst dadurch wird die Killerzelle vollständig aktiviert.

Diese beginnt sich nun massiv zu teilen. Zudem differenziert sich die entstehende Armee: Einige Zellen werden zu besonders schlagkräftigen, aber kurzlebigen Killern. Andere dagegen werden etwa zu Gedächtniszellen, die im Falle einer erneuten Infektion schneller aktiviert werden können.

„Die Killerzelle schafft sich also zunächst eine ganz spezifische Mikroumgebung“, betont Kastenmüller. „Diese ist für eine koordinierte und schlagkräftige Immunabwehr essentiell.“ Die Wissenschaftler hoffen, dass sich durch ihre Grundlagenarbeit langfristig neue Möglichkeiten auftun, Impfungen gegen Viren oder Tumoren weiter zu verbessern.

Publikation: A. Brewitz et al.: CD8+ T cells orchestrate pDC – XCR1+ dendritic cell spatial and functional cooperativity to optimize priming; Immunity; DOI: 10.1016/j.immuni.2017.01.003

Kontakt:

Prof. Dr. Wolfgang Kastenmüller
Institut für Experimentelle Immunologie
Universität Bonn
Tel. 0228/28711040
E-Mail: wkastenm@uni-bonn.de

Media Contact

Johannes Seiler idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.uni-bonn.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer