Neue Operationseinheit für schwierige Eingriffe am Kopf

An den deutschen Universitätskliniken einmalig ist eine integrierte Operationseinheit, die heute in der Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) eingeweiht wurde. Es handelt sich um eine apparative Entwicklung, die hochspezialisierte „stereotaktische“ und offene Operationen am Gehirn unter kernspintomographischer und computertomographischer Kontrolle ermöglicht. Für die räumliche Integration eines neurochirurgischen Operationssaales in die Neuroradiologie und die Einbindung neuroradiologischer High-Tech-Geräte in diesen neurochirurgischen Operationssaal wurden insgesamt 1,45 Millionen Euro investiert.

Bei stereotaktischen Operationen wird eine kleine Sonde durch ein Bohrloch punktgenau in bestimmte Strukturen des Gehirns eines Patienten geführt (Neuronavigation). Dazu wird ein geschlossener oder offener Ring (Stereotaxiegerät) auf dem Schädel befestigt, der alle Raumkoordinaten während einer Computertomographie (CT) oder Kernspintomographie (auch Magnet-Resonanz-Tomographie, MRT) genau definiert. Die neue Operationseinheit hat unter anderem den Vorteil, dass der Stereotaxiering – am Kopf des Patienten einmal fest fixiert – einheitliche deckungsgleiche Koordinaten sowohl für die CT/MRT-Planung als auch die OP-Ausführung unter CT-Kontrolle liefert.

Um dies erreichen zu können, waren folgende Voraussetzungen nötig:

  • Ein spezieller, von der Neuroradiologischen Abteilung betriebener Computertomograph (CT) im OP 4 der Klinik für Neurochirurgie, dessen Aufnahmeeinheit um einen fest installierten OP-Tisch bewegt wird, ermöglicht die präzise neuroradiologische Diagnostik und die genaue Instrumentenortung während des neurochirurgischen Eingriffs (Neuronavigation), ohne den Patienten zu bewegen. Bei den üblicherweise eingesetzten Geräten steht kein fixierter OP-Tisch zur Verfügung und deshalb musste bisher der Patient auf einem CT-Untersuchungstisch umgelagert und zur Untersuchung hin und her bewegt werden.
  • Außerdem wurde ein bereits vorhandener Magnet-Resonanz-Tomograph (MRT) in der nur wenige Meter entfernten Abteilung für Neuroradiologie der Klinik für Radiologie aufgerüstet: Die Messgenauigkeit wurde erhöht, die Untersuchungszeit verkürzt. Die Lagerung des Patienten im Stereotaxiering wurde ermöglicht. Dadurch wird vermieden, dass sich das Bezugssystem bei der anschließenden Untersuchung mit dem CT ändert.
  • Durch diese Voraussetzungen ist es nun möglich, die Bildinformationen von CT und MRT getrennt zu gewinnen und die digitalen Bilddaten so miteinander zu verrechnen („Image Fusion“), dass die jeweiligen Vorzüge dieser bildgebenden Systeme miteinander verbunden und optimal für die Operation genutzt werden. Die Verknüpfung erfolgt über eine neu entwickelte Software. Mit dieser Methode lässt sich der Punktionsort äußerst präzise reproduzieren.

Die neue Einheit wird zum Beispiel bei besonders schwierigen Gewebeentnahmen aus dem Gehirn, bei Operationen von besonders problematischen und sehr kleinen Tumoren in der Nähe der Schädelbasis und bei der Einbringung von Stimulationselektroden bei Morbus Parkinson und anderen Bewegungsstörungen (MS-Tremor, Dystonie) zum Einsatz kommen. Zur Etablierung eines interdisziplinären Neurozentrums am UKE ist darüber hinaus der weitere Ausbau der Einheit geplant.

Bei Operationen am offenen Gehirn können die Möglichkeiten der intraoperativen Computertomographie am nicht bewegten Patienten auch genutzt werden. Dieses System entwickelt die Neuronavigation weiter, da bei der Operation auftretende Verschiebungen von gefährdeten Hirnstrukturen nun direkt dargestellt werden können. Vorteile werden sich insbesondere bei Operationen in der Nähe der knöchernen Schädelbasis oder bei kombinierten neurochirurgischen Eingriffen im Hals-Nasen-Ohren-Bereich ergeben. Insgesamt dient die direkte Überprüfung des intraoperativen Zwischen- und Endergebnisses dazu, die Radikalität der Resektion zu erhöhen und dabei die Sicherheit für den Patienten zu erhöhen. Mit diesen Möglichkeiten wird Neuland auf dem Gebiet der intraoperativen Neuronavigation betreten.

Von den Möglichkeiten der neuen Einheit erhofft man sich deshalb auch Fortschritte in der Forschung auf dem Gebiet der Operationstechnik. Auf Empfehlung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat daher der Wissenschaftsrat dem Antrag auf Förderung nach dem Hochschulbauförderungsgesetz zugestimmt: Der Bund übernimmt mit 625 000 Euro nahezu die Hälfte der Kosten.

Dr. Behrend Behrends, Kaufmännischer Direktor des UKE, übergab den neu eingerichteten OP 4 für Chirurgie dem kommissarischen Direktor der Kernklinik für Neurochirurgie, Prof. Dr. Manfred Westphal, dem Geschäftsführenden Direktor der Klinik für Neurochirurgie, Prof. Dr. Dieter Müller, sowie dem Direktor der Neuroradiologischen Abteilung der Klinik für Radiologie, Prof. Dr. Hermann Zeumer.

Dr. Behrend Behrends, Kaufmännischer Direktor
Prof. Dr. Manfred Westphal, Neurochirurgie,
Prof. Dr. Dieter Müller, Neurochirurgie,
Prof. Dr. Hermann Zeumer, Neuroradiologie

Beteiligte Firmen:

  • Siemens
  • Maquet (OP-Tisch)
  • Brainlab (Software)

Media Contact

Dr. Marion Schafft idw

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