Ein Vitamin, das Blutfette senken kann

Heidelberger Wissenschaftler finden Rezeptormolekül für Nikotinsäure. Gezielte Suche nach neuen Medikamenten möglich.

Wissenschaftlern der Universität Heidelberg ist es gelungen, einen Eiweißstoff zu identifizieren, der große Bedeutung für die Behandlung von Störungen des Fettstoffwechsels hat. Dabei handelt sich um das Rezeptormolekül für Nikotinsäure, dessen Existenz seit über 20 Jahren postuliert wird. Die Entdeckung wird in der März-Ausgabe der britischen Fachzeitschrift „Nature Medicine“ veröffentlicht und ist wegen ihrer hohen Bedeutung bereits in Kurzfassung online publiziert.

Störungen der Blutfette gehören zu den wesentlichen Risikofaktoren für arteriosklerotische Erkrankungen von Herz und Kreislauf – und damit für Herzinfarkt und Schlaganfall. Als vorbeugende Therapie werden lipidsenkende Medikamente verordnet, meistens „Statine“ und „Fibrate“, die an unterschiedlichen Stellen in den Fettstoffwechsel eingreifen. Aber auch die Nikotinsäure, ein Mitglied der Vitamin-B-Familie, wird seit langem eingesetzt. Nikotinsäure ist in kleinen Mengen in der Nahrung vorhanden. Sie greift unmittelbar an den Fettzellen an und bewirkt, dass weniger Triglyceride gespalten und als freie Fettsäuren in das Blut abgegeben werden. (Triglyceride sind ein Gemisch aus unterschiedlichen Kombinationen des Fettmoleküls Glycerin und Fettsäuren.)

Neue Substanzen mit weniger Nebenwirkungen als Nikotinsäure?

Schon seit langer Zeit wird postuliert, dass der fettspaltende Effekt der Nikotinsäure durch einen spezifischen Rezeptor vermittelt wird. Einem Forscherteam um Prof. Dr. Stefan Offermanns, Direktor des Instituts für Pharmakologie der Universität Heidelberg, sowie Wissenschaftlern der Universitäten München und Düsseldorf ist es gelungen, diesen Rezeptor dingfest zu machen. In Zellkulturen stellten sie fest, dass Nikotinsäure ihre Wirkung nur auf Zellen ausübt, die PUMA-G, den Nikotinsäurerezeptor von Mäusen, bzw. das menschliche Gegenstück HM-74 auf ihrer Oberfläche tragen. Außerdem untersuchten sie genetisch veränderte Mäuse, deren Fettzellen keinen PUMA-G-Rezeptor besitzen. Bei diesen Tieren konnte die Nikotinsäure – im Gegensatz zu normalen Mäusen – die freien Fettsäuren im Blut nicht mehr reduzieren. Damit hatten die Wissenschaftler bewiesen, dass es sich bei PUMA-G bzw. HM-74 um denjenigen Rezeptor handelt, der die Wirkung der Nikotinsäure vermittelt.

„Nachdem der Rezeptor für Nikotinsäure nun bekannt ist, kann gezielt nach effektiveren Wirkstoffen mit weniger Nebenwirkungen gesucht werden“, erklärt Prof. Offermanns. Nikotinsäure selbst ist zwar durchaus wirksam und wird seit nahezu 50 Jahren als Fettsenker eingesetzt. Die Substanz muss allerdings in sehr hohen Dosen verabreicht werden und führt daher häufig zu unangenehmen Nebenwirkungen wie Juckreiz, Hautrötung, Sodbrennen, und zum Teil sogar zu Leberschäden. Die Hoffnung auf einen therapeutischen Fortschritt ist jedoch durchaus begründet: Nikotinsäure lässt das „gute“ Blutfett HDL-Cholesterin wesentlich stärker ansteigen, als Statine dies tun.

Ansprechpartner:

Prof. Dr. Stefan Offermanns
Pharmakologisches Institut der Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 366
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 – 54-8246/7
Fax.: 06221 – 54-8549
E-mail: Stefan.Offermanns@urz.uni-heidelberg.de

Media Contact

Dr. Annette Tuffs idw

Weitere Informationen:

http://www.pharmakologie.uni-hd.de

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