Ferngesteuerte Hilfe über den Roboter

Teilautonome Serviceroboter, die von professionellen Helfern in externen Callcentern überwacht und gesteuert werden, können schon in naher Zukunft ältere und hilfebedürftige Menschen im Haushalt effektiv unterstützen und ihnen so länger ein eigenständiges Leben in vertrauter Umgebung ermöglichen.

Dreidimensionale Umgebungserfassung ist dabei ein Schlüssel zur einfachen und intuitiven Bedienung solcher Serviceroboter durch die externen Helfer. Das ergab eine umfangreiche Testreihe am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart zur Praxistauglichkeit neuer Benutzerschnittstellen für Serviceroboter im Rahmen des von der EU geförderten Projekts »SRS – Multi-Role Shadow Robotic System for Independent Living«.

Vollautonome Assistenzroboter, die dem Menschen komplexe Haushaltstätigkeiten abnehmen und dafür z. B. selbstständig Gegenstände greifen und manipulieren, werde es in absehbarer Zukunft nicht geben – zu komplex sind die Aufgaben und zu groß ist die Zahl der möglichen Ausnahmesituationen, die einer hundertprozentig robusten Lösung im Wege stehen, erläutert Georg Arbeiter, Projektleiter Umgebungsmodellierung in der Abteilung Roboter- und Assistenzsysteme am Fraunhofer IPA. Machbar und realistisch sind dagegen teilautonome Lösungen, bei denen der Serviceroboter – ausgestattet mit entsprechenden Sensoren zur Umgebungserfassung – den älteren Menschen unterstützt und ein Teleoperator von außen eingreifen kann, wenn der Roboter eine schwierige Situation selbst nicht mehr klären kann: In der ersten Stufe kann das durchaus auch ein Familienmitglied sein, das über die Kommunikationsschnittstelle des Assistenzroboters zugeschaltet wird, um beispielsweise verlegte Gegenstände zu suchen. Bei komplexeren Problemen kann ein professioneller Helfer aus einem externen Servicecenter eingreifen, um die Situation selbst zu lösen, z. B. indem er den Arm des Roboters fernsteuert, um so einen Gegenstand sicher aufzunehmen.

57 Testpersonen im Alter von 25 bis 48 Jahren haben vom 4. bis 14. März die Benutzerschnittstelle für Callcenter-Mitarbeiter getestet. Die Probanden waren keine Roboterspezialisten, sondern nach Alter und Qualifikation so ausgesucht, dass sie dem erwartbaren Berufsprofil entsprachen, um belast bare Ergebnisse zu erzielen. Die Fraunhofer IPA- und HdM-Forscher hatten ein realistisches Szenario aufgebaut, bei dem die Probanden den zu überwachenden Raum weder vorher gesehen hatten noch »live« einsehen konnten. Mit Hilfe einer 3D-Brille und geeigneter Eingabegeräte wie z. B. einer »6D-Maus« waren unterschiedliche Navigations- und Manipulationsaufgaben zu lösen, etwa das Ausweichen von Hindernissen im Raum oder das Greifen von Haushaltsgegenständen. Die Ergebnisse der Versuchsreihe dienen der Fortentwicklung des EU-Projekts »SRS«, an dem neben dem Fraunhofer IPA, der Hochschule der Medien Stuttgart und der Technischen Universität Brno (Tschechien) neun weitere wissenschaftliche Projektpartner aus zahlreichen europäischen Ländern beteiligt sind.

»Mit der getesteten Benutzerschnittstelle navigieren die Probanden im simulierten Callcenter den Serviceroboter schnell und sicher, Aufgaben werden rasch gelöst, Kollisionen reduziert und die Versuchspersonen trauen sich auch mehr zu als mit her kömmlichen Lösungen ohne 3D-Um gebungsdar stellung«, resümiert Georg Arbeiter die vorläufigen Ergebnisse der zehntägigen Testreihe.

Bei den Navigationstests wurde nicht nur die zweidimensionale gegenüber der 3D-Darstellung evaluiert, sondern auch verschiedene Verfahren der 3D-Umgebungserfassung und ihre Eig nung für unterschiedliche Aufgaben. Während die Darstellung über eine Punkte- oder Gitterkarte sehr genaue Lagebilder ergibt, aber vergleichsweise hohe Datenmengen verarbeiten muss, liefert die 3D-Geometrie karte, die Objekte nach geometrischen Grundformen erfasst und in ein Ebenenmodell einsortiert, kompakte und zuverlässige Darstellungen mit raschen Übergängen. 2D-Systeme, die lediglich den Raumgrundriss abbilden, sind dagegen zu fehleranfällig, da sie viele Navigationshindernisse wie beispielsweise überhängende Gegenstände nicht abbilden.

Praxisnahe und komplexe Manipulationsaufgaben, etwa das Greifen von Objekten, die schräg auf anderen liegen, konnten dank des Einsatzes eigens entwickelter, innovativer Bildgebungsverfahren ebenfalls gut gelöst werden. Auch hier zeigte sich die Tendenz, dass mit der 3D-Benutzer schnittstelle die Aufgaben schnell und mit wenigen Perspektivenwechseln durch den Anwender bewältigt werden können. Das ergab die erste Einschätzung der Ergebnisse von Vergleichstests mit einem 3D-Modell, das einmal in Verbindung mit einem normalen Monitor und alternativ mit 3D-Monitor und Shutterbrille eingesetzt wurde.

Media Contact

Jörg Walz Fraunhofer-Institut

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