Hocheffiziente magnetische Computer: Prozessor aus der Petrischale

Elektronenmikroskopische Aufnahme von Magnetospirillum gryphiswaldense. Im Innern sind die Kügelchen mit nur wenigen Nanometern Durchmesser zu erkennen. UDE / AG Farle

Es sind besondere Innereien, über die der Einzeller verfügt: kleine magnetische Kügelchen mit nur 30 Nanometern Durchmesser, aufgereiht wie an einer Perlenschnur. In der Natur dienen sie zur Orientierung entlang des Erdmagnetfelds.

Wissenschaftler um Benjamin Zingsem aus der UDE-Arbeitsgruppe „Struktur und Magnetismus nanoskaliger Systeme“ und Kollegen der Universität Oldenburg haben diese Bakterien nun verschieden starken Magnetfeldern aus unterschiedlichen Richtungen ausgesetzt und magnetische Schwingungen („Magnonen“) in den Partikeln erzeugt.

Dabei fiel ihnen auf, dass Bakterien, denen ein bestimmtes Protein fehlt, gekrümmte und verästelte Ketten ausbilden, die wie logische Schaltungen wirken:

„Regt man mehrere Magnetschwingungen an, die verschiedene Informationen tragen, so ergibt sich in den Magnonen eine neue Schwingung, deren Information eine logische Verknüpfung der ursprünglichen Schwingungen ist“, erklärt Zingsem. Diese Magnonik haben die CENIDE-Forscher nun erstmals in einem biologischen System und auf Nano-Ebene beobachtet. Bisher war sie nur in größeren Mikrosystemen erforscht.

So leistungsfähig wie ein menschliches Gehirn
Der Prozessor auf Bakterienbasis hat gleich mehrere Vorteile: Da er nicht mit elektrischem Strom arbeitet, muss er nicht gekühlt werden. Das spart viel Energie und ermöglicht deutlich komplexere Prozessoren.

„Man könnte dadurch etwa eine Million Mal mehr Schaltungen als bisher in einem Prozessor unterbringen“, so der Physiker. Ein einzelner Computer könnte damit so leistungsfähig werden wie ein menschliches Gehirn.

Darüber hinaus wachsen die Bakterien selbstständig und ohne Verwendung umweltschädlicher Verbindungen wie in der Halbleiterproduktion.

Durch ihr exponentielles Wachstum ließe sich zudem schnell auf eine erhöhte Marktnachfrage reagieren. Die Produktion wäre also deutlich günstiger und nachhaltiger als bei der klassischen Halbleitertechnologie.

Laut Zingsem ist der nächste Schritt nun die Ansteuerung solcher Systeme mit konventionellen Methoden: „Wir arbeiten daran, derartige Systeme mit Daten zu füttern und die Ergebnisse verlässlich auszulesen.“ Eine Integration in konventionelle Elektronik ist demnach nur eine Frage der Zeit.

Redaktion: Birte Vierjahn, Tel. 0203 37-9 8176, birte.vierjahn@uni-due.de

Benjamin Zingsem, Fakultät für Physik und Forschungszentrum Jülich, Tel. 0203 37-9 4411, benjamin.zingsem@uni-due.de

Zingsem, B. et al. Biologically encoded magnonics. Nat. Commun. 10, 4345 (2019).
DOI: 10.1038/s41467-019-12219-0

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