Der Computer bestimmt die Taktik

Das Computersystem Caesar, entwickelt an der Fakultät für Informatik der TU München in Garching, wird Trainern oder Sportjournalisten künftig die Analyse eines Fußballspiels wesentlich erleichtern. Caesar analysiert bereits während des Matchs den Spielverlauf, bewertet die Taktik und erstellt gleichzeitig Spielerprofile. Durch die virtuellen Sichten aller Aktionen auf dem Fußballfeld lässt sich der Spielabfolge aus allen Blickwinkeln nachträglich darstellen und strittige Situationen einfach und schnell klären.

Voraussetzung für die Spielanalyse ist die genaue Positionsbestimmung der Spieler und des Schiedsrichter zu jedem Zeitpunkt des Spiels. Dies geschieht letztlich über Fernsehkameras. Über ein TV-Signal empfängt der Computer alle relevanten Kameradaten und digitalisiert sie. Bei der Auswertung errechnet Caesar die Position der Kamera, die Richtung und den Zoomfaktor, um anschließend in einem imaginären 3D-Koordinatensystem die exakte Position der einzelnen Beteiligten auf dem Spielfeld zu bestimmen. Im Idealfall erhält das System durchgehend Bilder von mehreren Kameras, denn die Aufnahmen über ein TV-Kabel zeigen oft nur einen Teil des Spielfeldes. Auch durch die Schnittführung und den schnellen Kamerawechsel sind manche Spieler für das System nicht permanent sichtbar. „Dass das System allerdings auch mit weniger Information auskommt, konnten wir kürzlich während des Robocup-Wettbewerbs in Bremen eindrucksvoll zeigen“, so Projektleiter Prof. Michael Beetz vom Lehrstuhl für Bildverstehen und wissensbasierte Systeme (Prof. Dr. Bernd Radig) der TUM. Dort stand den Wissenschaftlern beim WM-Spiel Argentinien gegen Serbien-Montenegro hierfür nur die Bildübertragung am Fernseher zur Verfügung. Dennoch konnten sie live und in Echtzeit demonstrieren, wie einfach die Positionsbestimmung durch Caesar möglich ist.

Steht die Position der Akteure im Spielfeld fest, kann Caesar in die taktische Analyse gehen: Wie offensiv geht ein Spieler vor? Wie oft ist er im Ballbesitz und in welchem Spielfeldbereich ist er vor allem aktiv? Verfolgt Caesar einen Spieler über mehrere Fußballspiele hinweg, können Aktivitätsmuster erstellt werden. „Mit den virtuellen Ansichten könnten völlig neue Anwendungsgebiete entstehen“, meint Informatikprofessor Bernd Radig. „Bislang fallen bei der Übertragung von Fußballspielen auf ein Handy enorme Datenmengen an. Würden nur die Positionsdaten der Spieler und des Balls ins Netz eingespeist werden, wäre die Bandbreite erheblich reduziert. Im mobilen Endgerät könnten die Daten dann visualisiert werden und der Fußballfan würde kaum einen Unterschied zum Fernsehbild feststellen“.

Mit dem Computersystem Caesar können derzeit nur Fußballspiele analysiert werden. Nach Entwicklung entsprechender Module eignet es sich jedoch ebenso für die Auswertung der meisten anderen Feldsportarten wie beispielsweise Handball, Eishockey oder Tennis.

Media Contact

Dieter Heinrichsen M.A. idw

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