Graffiti für die Wissenschaft

Felsenmalerei im Dienste der Wissenschaft: Graffiti in einer Schweizer Bergschlucht hilft bei der Ermittlung von Erosionsraten. Foto: Alexander R. Beer/ETH Zürich

Die Bestimmung der räumlichen Verteilung von Erosionsprozessen an Gesteinsoberflächen in natürlicher Umgebung ist ein schwieriges Unterfangen. Deshalb gibt es hierzu bisher nur wenige Daten. Insbesondere in unwegsamem Gelände ist es schwer, Messapparate zu installieren und Veränderungen im Zeitverlauf, vor allem solche im Millimeterbereich, zuverlässig zu überwachen.

In einer neuen Machbarkeitsstudie zeigt ein schweizerisch-deutsches Forscherteam mit Beteiligung des Wissenschaftlers Jens Turowski vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ, wie diese Erosionsprozesse anhand einer simplen Methode per Farbanstrich visualisiert werden können.

In einer Schlucht in den Schweizer Alpen nahe Zermatt haben die Wissenschaftler auf einer Fläche von 30 mal 5 Metern Farbmuster aus Quer- und Längsstreifen auf dem Gestein aufgetragen und über drei Jahre in regelmäßigen Abständen und aus genau definierten Standorten fotografiert. Anhand dieser Fotos konnten sie den Erosionsprozess, der durch den Abtrag der Farbe sichtbar wird, im Zeitverlauf beobachten. Das neue Verfahren nennen Sie „erosion painting“, zu Deutsch: „Erosionsmalerei“.

Mit der Erosionsmalerei können die Wissenschaftler auch die räumliche Verteilung von Erosionsprozessen ermitteln und beispielsweise analysieren, an welchen Stellen eines Flusslaufs Erosionsprozesse intensiv und wo sie eher schwach ausgeprägt sind. Das Wissen hilft dabei, die hinter der Erosion stehenden physikalischen Prozesse besser zu verstehen. Die Arbeit der Wissenschaftler soll die Methode in der Prozessforschung etablieren.

Um topographische Veränderungen an Gesteinsoberflächen messen und kartieren zu können, waren bisher ausgefeilte Techniken notwendig, wie beispielsweise die Photogrammetrie, fest installierte Messstationen, Laserscanner und Erosionsmesssensoren. Doch warum kompliziert, wenn es auch einfach geht, fragten sich die Wissenschaftler.

„Erosionsmalerei“ benötigt keine teuren Installationen, kann schnell und hochauflösend auch in unwegsamem Gelände angebracht werden und bedarf zur Auswertung ausschließlich der visuellen Inspektion durch Fotografien. Jens Turowski: „Die Verwendung von Farbe ist eine billige und einfach anzuwendende Methode zur Analyse der räumlichen Verteilung von Erosionsprozessen. Mit unserer Arbeit wollen wir vor allem zeigen, dass die Methode der Erosionsmalerei wissenschaftlich einsetzbar ist“.

Mit wiederholten Laserscans haben die Wissenschaftler die Gültigkeit ihrer Methode überprüft. Hierbei zeigte sich auch, dass für den Laserscanner sehr kleine Erosionsraten im sub-Millimeterbereich unsichtbar sind, die per Erosionsmalerei nun erfasst werden können.

Die Wissenschaftler verwenden ausschließlich umweltfreundliche, wasserunlösliche Dispersions-Latexfarbe. Um den Eingriff in die Natur minimal zu halten, raten sie außerdem zum sparsamen Einsatz der Farbe, insbesondere in sensiblen Gebieten.

Originalstudie: Alexander R. Beer, James W. Kirchner, Jens M., Turowski, 2016. Graffiti for science – Erosion painting reveals spatially variable erosivity of sediment-laden flows. Earth Surface Dynamics 4, 885-894. DOI: 10.5194/esurf-4-885-2016

Fotos finden Sie hier (den Namen des jeweiligen Fotografen ersehen Sie aus dem Dateinamen):
https://media.gfz-potsdam.de/gfz/wv/05_Medien_Kommunikation/Bildarchiv/Geomorpho…

https://media.gfz-potsdam.de/gfz/wv/05_Medien_Kommunikation/Bildarchiv/Geomorpho…

https://media.gfz-potsdam.de/gfz/wv/05_Medien_Kommunikation/Bildarchiv/Geomorpho…

https://media.gfz-potsdam.de/gfz/wv/05_Medien_Kommunikation/Bildarchiv/Geomorpho…

Media Contact

Josef Zens Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ

Weitere Informationen:

http://www.gfz-potsdam.de/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften

Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.

Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer