Änderungen der Ozeanzirkulation können regional zu rapiden Veränderungen des Meeresspiegels führen
Künftige Veränderungen der Meeresströmungen hätten einen starken Einfluss auf den Meeresspiegel. Dies zeigen Wissenschaftler vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in einer neuen Studie, in der sie den möglichen Zusammenbruch der atlantischen Ozeanzirkulation untersuchten. Sie fanden heraus, dass in diesem Szenario der Meeresspiegel an den Küsten des Nordatlantiks um einen Meter steigen würde, während er im Südatlantik sänke. Dies würde nahezu gleichzeitig mit der Veränderung der Meeresströmung erfolgen und somit viel schneller als bei den beiden anderen Effekten, die den Meeresspiegel sinken oder steigen lassen – der Erwärmung der Ozeane und dem Schmelzen von Festlandeis. Die Ergebnisse dieser Studie sind in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Climate Dynamics“ erschienen.
Der Anstieg des Meeresspiegels und die dadurch entstehende Bedrohung für viele Küstenregionen stehen stark in der öffentlichen Diskussion. Wenn die globale Erwärmung weiter fortschreitet, wird Festlandeis wie auf Grönland schmelzen und als Süßwasser in die Weltmeere fließen. Weiterhin führt der Klimawandel zu einer Erwärmung der Ozeane, wodurch sich das Wasser ausdehnt. Beide Effekte führen zu einem Anstieg des globalen Meeresspiegels um einige Dezimeter pro Jahrhundert (Satellitenmessungen zeigen derzeit einen Anstieg um etwa drei Millimeter pro Jahr). Jetzt haben Wissenschaftler vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) herausgefunden, dass es einen weiteren, deutlich schnelleren Mechanismus gibt, der zu Meeresspiegeländerungen von bis zu einem Meter in einigen Regionen führen könnte, mit Anstiegsraten bis zu 25 Millimeter pro Jahr.
Die Meeresoberfläche ist nicht flach; vielmehr entstehen durch den Einfluss der Ozeanzirkulationen Hügel und Täler, die mit der Corioliskraft in Gleichgewicht stehen. Das Absinken von kaltem Wasser im Nordatlantik – dies ist ein Teil der Atlantikzirkulation, die zum milden Klima in Europa beiträgt – führt zu einem besonders niedrigen Meeresspiegel in dieser Region. Eine Abschwächung dieser Zirkulation infolge der globalen Erwärmung wird von vielen Wissenschaftlern erwartet; ein völliger Zusammenbruch wird als ein zwar unwahrscheinliches, aber nicht vernachlässigbares Risiko angesehen.
Die neue Studie zeigt, dass der Meeresspiegel in manchen Küstengebieten um den Nordatlantik nach einem Zusammenbruch dieser Zirkulation um bis zu einem Meter ansteigen würde – dies erfolgt zusätzlich zum Meeresspiegelanstieg durch die beiden anderen Effekte. Im Südatlantik würde der Meeresspiegel demgegenüber sinken. Obwohl sich diese Art von dynamischen Meeresspiegeländerungen global gesehen ausgleichen, wäre der regionale Effekt eine Gefährdung für die Küstenregionen in Nordamerika und Europa. Dies wurde bislang als Folgeerscheinung eines Abreißens der Altantikzirkulation weitgehend übersehen – wie zuletzt im US-amerikanischen Pentagon-Bericht, der ein solches Szenario untersucht hat.
Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) wurde 1992 gegründet und beschäftigt rund 110 Wissenschaftler. Seine Forschungen zu Klimawandel, Klimafolgen und nachhaltiger Entwicklung sind international anerkannt. Das PIK ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.
Originalartikel:
Levermann, A., Griesel, A., Hofmann, M., Montoya, M., and Rahmstorf, S., 2005: Dynamic sea level changes following changes in the thermohaline circulation, Climate Dynamics, 24, 347.
Kontakt:
Dr. Anders Levermann, anders.levermann@pik-potsdam.de, Tel. 0331/288-2560
Pressestelle:
Anja Wirsing, E-Mail anja.wirsing@pik-potsdam.de, Tel: 0331/288-2507
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.pik-potsdam.de/~anders/publications/sea-level.pdfAlle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften
Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.
Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.
Neueste Beiträge
Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie
Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…
Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen
Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…
Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze
Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…