Intelligent die Wärme der Erde nutzen

Erdwärme trägt weltweit immer mehr zur Stromversorgung bei. Island steht in der Ausbauentwicklung der Nutzung an der Weltspitze: in den letzten Jahren verdoppelte sich hier jährlich die Energiebereitstellung auf mehr als 500 MW allein zur Stromversorgung. Auch in Deutschland ist eine dynamische Entwicklung zu verzeichnen. Mehr als 100 MW Wärme werden aktuell aus Geothermie bereitgestellt.

Im Pionierland Italien wurden nun allein in der Region Travale von einem europäischen Wissenschaftlerteam Erdwärmelagerstätten lokalisiert, die ein mit 1.000 Windkraftwerken vergleichbares Potential bergen. Das ist eines der Ergebnisse, die auf der internationalen Abschlusskonferenz des Projektes „I-GET“ (Integrated Geophysical Exploration Technologies for deep fractured geothermal systems) in Potsdam vorgestellt wurden. Ziel dieses EU-Projektes, an dem sieben europäische Nationen beteiligt sind, war die Entwicklung neuester geophysikalischer Methoden, mit denen potentielle Erdwärmelagerstätten sicher erkundet und sodann gezielt erschlossen werden können.

„Die neuen Methoden sind wichtige Entscheidungshilfen für die Standortwahl zukünftiger Geothermieprojekte. Wir können damit das Risiko teurer Fehlbohrungen erheblich senken“, erklärte Dr. Ernst Huenges, der Leiter der Geothermieforschung am gastgebenden Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ.

Die neu entwickelten Ansätze wurden an vier europäischen Geothermiestandorten mit unterschiedlichen geologischen und thermo­dynamischen Rahmenbedingungen getestet: Hochtemperatur-Lagerstätten wurden in Travale/Italien (metamorphe Gesteine) und in Hengill/Island (vulkanische Gesteine) untersucht, zwei Lagerstätten mittlerer Temperatur in tiefen Sedimentgesteinen sind Groß-Schönebeck/Deutschland und Skierniewice/Polen. Die Methodik basiert auf der Messung seismischer Geschwindigkeiten und elektrischer Leitfähigkeiten im Untergrund, die Aussagen über die gesteinsphysikalischen Eigenschaften in der Tiefe liefern. Verschiedene Methoden werden dabei miteinander kombiniert, Bohrlochmessungen und Gesteinsuntersuchungen herangezogen.

I-GET Experimente wurden auch anhand einer Fallstudie im Umfeld der GFZ-Forschungsbohrungen bei Groß Schönebeck nordwestlich von Berlin durchgeführt. Hier existieren umfangreiche Vorkenntnisse aus experimentellen Untersuchungen im In situ Geothermielabor Groß Schönebeck. Die geologischen Bedingungen des Standortes im Norddeutschen Becken sind repräsentativ für weite Teile Mitteleuropas, die Forschungsergebnisse daher über die Grenzen Deutschlands hinaus von Interesse.

Das zur Helmholtz-Gemeinschaft gehörende GFZ hat bei I-GET die Federführung und konnte seine in Groß Schönebeck gesammelten Erfahrungen im Bereich der Nutzung von Niedrigtemperaturlagerstätten beisteuern. Die Ergebnisse von I-GET strahlen weltweit aus: unter den 120 Wissenschaftlern und Industrievertretern aus 20 Ländern waren Fachleute aus Indonesien, Neuseeland, Australien, Japan und den USA.

„Verlässliche geothermische Technologien werden weltweit nachgefragt. Auch geothermieerprobte Länder wie Indonesien und Neuseeland interessieren sich für die in I-GET gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse“, resummiert Huenges. Das GFZ entwickelt seine Erdwärmeforschung weiter und baut derzeit ein Internationales Zentrum für Geothermieforschung auf, das inbesondere anwendungsorientierte Großprojekte auf nationaler und internationaler Ebene durchführen soll.

Media Contact

Franz Ossing GFZ Potsdam

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