Wie nehmen wir Textilien wahr?

Mit Hilfe des Textilapplikators SOFIA 2 können Textilien standardisiert an verschiedenen Körperstellen mit unterschiedlichem Druck und Geschwindigkeit auf der Haut aufgebracht werden. ©Hohenstein Institute

Anfang des Jahres wurde das europäische Forschungsvorhaben „Touché“ mit dem Titel „Boosting innovation through application of a basic understanding on the process and testing of textile touch and fabric feel“ gestartet.

Das deutsch-belgische Gemeinschaftsprojekt im Rahmen der CORNET-Ausschreibung der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e.V. (AiF, Nr. 137 EN) widmet sich bislang ungelösten Fragen zu den Interaktionen der menschlichen Haut mit Textilien und deren Wahrnehmung.

Das deutsche Forschungsteam an den Hohenstein Instituten untersucht gezielt die Interaktionen und Wahrnehmung von Textilien auf der menschlichen Körperoberfläche, d. h. beim Tragen von Bekleidung, welches als „fabric feel“ bezeichnet wird.

Parallel dazu erforschen die Projektpartner der Universität und der Hochschule in Gent, ob sich das aktive Anfassen von Textilien (der so genannte „hand of touch“ oder „textile Griff“) messtechnisch erfassen lässt. Mit ihrem übergreifenden Forschungsansatz untersuchen die Wissenschaftler daher, in welcher Form sich haptische Reize, die beim Anfassen entstehen, von taktilen Reizen unterscheiden, die beim passiven Tragen von Kleidung wahrgenommen werden.

Zugleich möchten sie dabei jene Textilparameter aufdecken, welche die menschliche Wahrnehmung beeinflussen. Dies ist wichtig, um technische Vorhersagen innerhalb der textilen Ketten treffen zu können und Textilien dadurch erlebbarer zu machen.

Die Hohenstein Wissenschaftler haben für die Erforschung der Wechselwirkungen zwischen Textil und Mensch in ihrem Life Science Bereich eigens eine künstliche Haut namens „HUMskin“ entwickelt. Diese weist zahlreiche physiologische Eigenschaften der menschlichen Haut sowie das Oberflächenprofil der äußersten Hautschicht auf.

Mit Hilfe von HUMskin lassen sich Trageereignisse auf der Körperoberfläche auch im Labor realistisch simulieren und die Reibungsvorgänge (z. B. die statische und dynamische Friktion) auf der Haut exakt bestimmen. Diese sogenannten tribologischen Daten liefern im Touché-Projekt zusammen mit 3D-Daten auf der mikroskopischen Ebene ein tiefes Materialverständnis und Erwartungswerte für die Reibungsvorgänge und die Wahrnehmung von Textilien auf der Haut.

Im Rahmen des Projekts wurde an den Hohenstein Instituten zeitgleich auch der elektromechanische Textilapplikator SOFIA noch einmal technisch weiterentwickelt (SOFIA = Standardized Operating FabrIc Applicator). SOFIA 2, vermag nun Textilproben an verschiedenen Stellen des Körpers von Testpersonen mit unterschiedlichem Druck und Geschwindigkeit zu applizieren, wobei SOFIA 2 unter der Anwendung simultan auch den Reibungs- oder Friktionskoeffizienten erfasst.

Damit ermöglicht SOFIA eine standardisierte Applikation von Textilproben an Probanden. Um die Wahrnehmung der Probanden gegenüber den Textilien objektiv zu bewerten, werden die spontan auftretenden und unbewusst entstehenden Gehirnströme der Testpersonen während der Applikation der Textilproben mittels Elektroenzephalographie (EEG) aufgezeichnet.

Neurophysiologische Voruntersuchungen mit 64-Kanal EEG zeigten bereits, dass das Gehirn des Menschen im Stande ist, Textilien mit angenehmen und unangenehmen Oberflächeneigenschaften wahrzunehmen.

Ansprechpartner:
Sandra Reich
Hygiene, Umwelt und Medizin
Telefon: +49 7143 271 771
Fax: +49 7143 271 94 771
E-Mail: S.Reich@hohenstein.de
Homepage: www.hohenstein.de 

Media Contact

Marianna Diener idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer