Neuer Ansatz für Alzheimer-Therapie – DZNE und LMU-Forscher identifizieren wichtiges Zielmolekül

ADAM10 ist eine Art molekulare Schere und schneidet das Protein, aus dem das Beta-Amyloid entsteht, so dass das Beta-Amyloid gar nicht erst gebildet werden kann. Das macht ADAM10 zu einem wichtigen Zielmolekül für die Alzheimer Therapie. Ihre Ergebnisse beschreiben die Wissenschaftler jetzt in der Online-Ausgabe des EMBO Journal.

Im Gehirn von an Alzheimer Erkrankten kommen große Ablagerungen des Stoffes Beta-Amyloid in sogenannten Plaques vor. Die Vorstufen der Plaques stehen in Verdacht, für das Absterben von Nervenzellen und damit für die Gedächtnisstörungen der Alzheimer-Erkrankung verantwortlich zu sein. Das Hauptziel vieler Alzheimer-Therapien besteht daher darin, die Bildung von Beta-Amyloid zu verhindern. Dabei macht man sich zunutze, dass das Beta-Amyloid selbst aus dem sogenannten Amyloid-Vorläuferprotein (APP) ausgeschnitten wird. Verschiedene molekulare Scheren setzen an dem Vorläuferprotein an und schneiden unterschiedlich große Stücke heraus. Die Blockade dieser Scheren führt dazu, dass das Beta-Amyloid nicht mehr gebildet wird.

Den Forschern des DZNE und der LMU ist es jetzt gelungen, eine molekulare Schere, eine sogenannte Alpha-Sekretase, zu finden, die das Amyloid-Vorläuferprotein (APP) ohne die Bildung von Beta-Amyloid spaltet. Bisher kamen dafür drei verschiedene Scheren in Frage. Die Wissenschaftler konnten nun zeigen, dass alleine ADAM10 für die spezifische Spaltung verantwortlich ist. Dazu haben Dr. Stefan Lichtenthaler und seine Mitarbeiter hochspezifische Antikörper entwickelt, die verschiedene Spaltprodukte des Vorläuferproteins in Hirnzellen von Mäusen und in menschlicher Zellkultur erkennen können. Mithilfe einer speziellen Technik, der RNA-Interferenz, blockierten die Forscher jeweils eines der drei Gene, welche für die drei in Frage kommenden ADAM-Scheren kodieren. Die Analyse der Spaltprodukte ergab, dass nur das ADAM10-Gen die Bildung der Beta-Amyloide verhindern kann. Die Ergebnisse konnten mithilfe einer zweiten Technik, der Massenspektrometrie bestätigt werden.

„Mit ADAM10 haben wir ein Zielmolekül identifiziert, das zentral an den molekularen Prozessen der Alzheimer-Krankheit beteiligt ist. Wir wissen, dass ADAM10 bei Alzheimer-Patienten weniger aktiv ist“, so Lichtenthaler. Ist ADAM10 wenig aktiv, so wird das Vorläuferprotein vermehrt so geschnitten, dass die Beta-Amyloide gebildet werden.

„Es könnte sein, dass eine schwache Aktivität von ADAM10 die Anfälligkeit für eine Alzheimer Demenz erhöht. Wenn das so ist, könnte eine Stimulierung von ADAM10 ein wichtiger Mechanismus für eine Therapie sein. Unsere Antikörper eröffnen aber auch neue Möglichkeiten für die Diagnose und Prävention der Erkrankung“, sagt Lichtenthaler. So könnten Antikörper als Marker dienen, um eine schwache ADAM10-Aktivität und damit ein mögliches erhöhtes Alzheimer-Risiko in der Rückenmarksflüssigkeit zu messen. Erste Versuchsreihen dazu sind bereits angelaufen.

Publikation:
ADAM10 is the Physiologically Relevant, Constitutive Alpha-Secretase of the Amyloid Precursor Protein in Primary Neurons.

Peer-Hendrik Kuhn, Huanhuan Wang, Bastian Dislich, Alessio Colombo, Ulrike Zeitschel, Joachim W. Ellwart, Elisabeth Kremmer, Steffen Roßner, and Stefan F. Lichtenthaler,EMBO Journal, published online, 30th July 2010 doi:10.1038/emboj.2010.167

Kontakt:
Dr. Stefan Lichtenthaler
Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)
Tel.: +49-(0)89-2180-75453
E-Mail: stefan.lichtenthaler@dzne.de
Sonja Jülich-Abbas
Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)
Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (komm.)
Tel.: +49-(0)228-43302-260
Mobil: +49-(172)-2838930
Email: sonja.juelich-abbas@dzne.de

Media Contact

Daniel Bayer idw

Weitere Informationen:

http://www.dzne.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer