Molekulare Motoren – Rotation auf der Achterbahn

Ein neuer molekularer Motor ermöglicht eine achtförmige direktionale Bewegung. (Abbildung: H. Dube/LMU)

Molekulare Motoren wandeln extern zugeführte Energie in gezielte Drehbewegungen um und sind damit eine wichtige Grundlage für zukünftige Anwendungen in der Nanotechnologie. Die ersten derartigen Motoren wurden in den späten 1990er-Jahren entwickelt, seither hat sich eine wachsende Zahl unterschiedlicher Systeme etabliert.

Ein Spezialist auf diesem Gebiet ist der LMU-Chemiker Dr. Henry Dube, der nun mit seinem Doktoranden Aaron Gerwien einen wichtigen Durchbruch geschafft hat: Wie die Wissenschaftler im Fachmagazin Nature Communications berichten, ist es ihnen gelungen, einen molekularen Motor zu entwickeln, der eine bisher unerreicht komplexe Bewegung auf einer achtförmigen Bahn ausführen kann.

Alle von Dube entwickelten molekularen Motoren basieren auf derselben Molekülklasse, sogenannten Hemithioindigo-Farbstoffen, die die Wissenschaftler chemisch modifizieren. Die Bewegung entsteht, in dem die Motoren auf verschiedene Weise um chemische Bindungen innerhalb des Moleküls rotieren.

„Alle bisher bekannten molekularen Motoren konnten sich aber nur linear bewegen oder im Kreis drehen“, sagt Dube. Den neuen Motor entdeckten die Wissenschaftler, als sie eine sogenannte Julolidin-Gruppe einfügten, um die Schalteigenschaften ihrer Motoren zu verbessern. „Experimentell haben wir dann herausgefunden, dass dadurch diese völlig neuartige Bewegung hervorgerufen wird“, sagt Dube. „Vermutlich hängt das damit zusammen, dass Julolidin ein sehr starker Elektronendonor ist.“

Insgesamt verläuft die achtförmige Bewegung des neuen Motors in vier Schritten, die abwechselnd durch Licht und durch thermische Energie – also durch Wärme – angetrieben werden. Die thermischen Schritte induzieren dabei eine sogenannte Hula-Twist-Rotation, durch die eine Strukturänderung erfolgt, die das Rücklaufen der Bewegung verhindert.

Ein weiterer Vorteil des Motors ist, dass die lichtgetriebenen Schritte durch grünes Licht induziert werden können, also etwa durch Bestrahlung mit grünen LEDs. Grünes Licht ist viel energieärmer als UV- oder Blaulicht, mit dem die meisten bisherigen Motoren angetrieben werden.

Sein Einsatz beeinflusst die Umgebung des Motors daher weniger als energiereicheres Licht, durch das beispielsweise chemische Bindungen gespalten werden könnten. Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass ihr neues Antriebssystem die Möglichkeiten molekularer Maschinen deutlich erweitern und der Nanotechnologie neue Anwendungen eröffnen wird.

Dr. Henry Dube
Department Chemie
E-Mail: henry.dube@cup.uni-muenchen.de
Tel.: 089 2180-77698
http://www.cup.lmu.de/oc/dube/

Green Light Powered Molecular State Motor Enabling Eight-Shaped Unidirectional Rotation
Aaron Gerwien, Peter Mayer, Henry Dube
Nature Communications 2019
doi: 10.1038/s41467-019-12463-4

Media Contact

LMU Stabsstelle idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer