Die Alge als Chemierohstoff

Chemikern und Biologen der Universität Konstanz gelang die Umwandlung von Algenöl in höherwertige chemische Rohstoffe über die sogenannte isomerisierende Alkoxycarbonylierung. Damit bereiten sie die Grundlage für eine Nutzung von Algen als chemischer Grundstoff für eine große Bandbreite von Materialien und Produkten, noch über die Verwendung der Alge als Ersatzstoff für Rohöl hinaus. Die Forschungsergebnisse wurden aktuell im Wissenschaftsjournal „Angewandte Chemie“ veröffentlicht.

„Wir sind sehr daran interessiert, die Möglichkeiten von Algen als potentieller Rohstoff für die Chemie auszuloten“, erklärt der Konstanzer Chemiker Prof. Dr. Stefan Mecking, dessen Arbeitsgruppe die Forschungsarbeiten gemeinsam mit Konstanzer Biologinnen und Biologen um den Algenexperten Prof. Dr. Peter Kroth durchführte.

„Weltweit gehen wissenschaftliche Bestrebungen in die Richtung, Algen als Rohölersatz und Brennstoff zu nutzen, vor allem als Ersatz für Kerosin. Wir wollen einen Schritt weiter gehen und aus Algen nicht nur ein Replikat von Erdöl gewinnen, sondern sie in höherwertige Chemiebausteine umwandeln und sie als Rohstoff der Chemie nutzbar machen. Im Vergleich zu konventionellen Pflanzenölen, zum Beispiel Sonnenblumenöl oder Rapsöl, besitzen Algenöle eine signifikant andere Struktur, was sie attraktiv macht für die Herstellung ganz anderer Materialien und Produkte“, führt Mecking aus.

Bereits heute werden Algen als möglicher Basisrohstoff für eine künftige regenerative Energieerzeugung verstanden. „Algen erfordern keinen Platz auf landwirtschaftlichen Nutzflächen und können sehr schnell und effizient wachsen“, erläutert Peter Kroth agrarische Vorteile der Alge.

Wie die Konstanzer Forscherinnen und Forscher nun zeigten, ist das Potential der Algen mit ihrer möglichen Nutzung als Röhölersatz noch lange nicht ausgeschöpft. Ihnen gelang es, mit hoher Selektivität eine katalytische Umwandlung des Algenöls in funktionale chemische Nutzstoffe umzusetzen.

„Bei der Reaktion handelt es sich um die Umwandlung einer funktionellen Gruppe aus der Mitte des Moleküls in eine Ester-Gruppe am Ende des Moleküls. Diese Konversion wurde in der Vergangenheit schon öfters als ‚dream reaction‘ beschrieben“, schildert Stefan Mecking.

„Unser Dank gilt ganz besonders den beteiligten Doktorandinnen und Doktoranden, die in Eigeninitiative unsere Idee aufgegriffen und in die Praxis umgesetzt haben“, betont Peter Kroth. Auch die weitere Erforschung der Algen soll insbesondere in die Doktorandenausbildung der Konstanzer Graduiertenschule Chemische Biologie eingebunden werden.

Originalveröffentlichung: P. Roesle, F. Stempfle, S. K. Hess, J. Zimmerer, C. Río Bártulos, B. Lepetit, A. Eckert, P. G. Kroth*, S. Mecking*: Synthetic Polyester from Algae Oil. Angew. Chem. Int. Ed. 2014, published online (doi: 10.1002/anie.201403991)

Kontakt:
Universität Konstanz
Kommunikation und Marketing
Telefon: 07531 88-3603
E-Mail: kum@uni-konstanz.de

Prof. Dr. Stefan Mecking
Universität Konstanz
Fachbereich Chemie
Universitätsstraße 10
78464 Konstanz
Telefon: 07531 88-5151
E-Mail: Stefan.Mecking@uni-konstanz.de

http://www.uni-konstanz.de

Media Contact

Julia Wandt idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer