Chemiker der TU Dresden entwickeln hochporöses Material, wertvoller als Diamanten

Die Netzwerkstruktur von DUT-60 fasst ein Porenvolumen von 5.02 cm3g-1 – das weltweit höchste jemals gemessene spezifische Porenvolumen unter allen bekannten kristallinen Netzwerkmaterialien. Dr. I. Senkovska, TU Dresden

Porosität ist der Schlüssel zu Hochleistungsmaterialien für Energiespeicher, Umwelttechnologien oder Katalysatoren: Je „löchriger“ ein Festkörper, umso mehr Flüssigkeiten und Gase kann er speichern. Doch zugleich macht eine Vielzahl an Poren die Materialien instabil.

Auf der Suche nach den Stabilitätsgrenzen von solchen Gitterverbindungen haben Forscher der Fakultät Chemie der TU Dresden einen Weltrekord gebrochen: DUT-60 ist eine neue kristalline Netzwerkstruktur mit der weltweit höchsten spezifischen Oberfläche und dem höchsten jemals gemessenen spezifischen Porenvolumen (5.02 cm3g-1) unter allen bekannten kristallinen Netzwerkmaterialien.

Die spezifische Oberfläche beschreibt die Summe aller Grenzflächen eines Materials, der äußeren „sichtbaren“ wie auch der inneren Poren. 90,3% von DUT-60 sind Hohlraum. Die metallorganische Gerüstverbindung (englisch: Metal-Organic Framework „MOF“) kann eine enorme Menge an Gas aufnehmen – und auf diese Weise zum Beispiel große Mengen an Gasen speichern oder giftige Gase aus der Luft filtern.

„Materialien mit derart hohen spezifischen Oberflächen könnten neue Phänomene zeigen, die bis heute noch unbekannt sind“, erläutert Stefan Kaskel, Professor für Anorganische Chemie I an der TU Dresden, die Bedeutung des neuen Materials für die Wissenschaft. „Stellt man sich die innere Oberfläche eines Gramms Zeolithe als ebene Fläche vor, erstreckt sich diese über rund 800 Quadratmeter, Graphen liegt knapp unter 3000 Quadratmeter. Ein Gramm DUT-60 hingegen würde 7800 Quadratmeter Fläche erreichen.“

Das Material wurde am Computer entworfen und anschließend gezielt synthetisiert. Nur wenige Verbindungen niedriger Dichte sind mechanisch so stabil, um sie für Gase zugänglich zu machen, ohne dass diese die Oberflächen zerstören.

„Es hat fünf Jahre gedauert von der Entwicklung am Computer bis zum reinen Produkt DUT-60“, resümiert Prof. Kaskel. „Aufgrund seiner sehr schwierigen Herstellung ist das Material teurer als Gold und Diamanten und kann bisher nur in Kleinstmengen von maximal 50 Milligramm pro Ansatz hergestellt werden.“

Der bisherige Weltrekord lag bei dem 2012 von Omar Farha von der Northwestern University publizierten Material NU-110, dessen Porenvolumen von 4.40 cm3g-1 deutlich unter dem neuen Rekordhalter liegt. DUT-60 markiert einen bedeutenden Schritt bei der Erforschung der Obergrenzen von Porosität in kristallinen porösen Festkörpern, und gibt Impulse für die Entwicklung neuer Methoden zur Bestimmung innerer Oberflächen.

Prof. Kaskel und weitere Chemiker forschen innerhalb der DFG-Forschungsgruppe FOR2433 intensiv an der Herstellung neuer poröser Materialien, die ihre Struktur dynamisch ändern können und adaptiv ihre Porengröße anpassen. „Wir arbeiten zudem an Anwendungen poröser Materialien in den Themenfeldern Gasspeicherung, Umweltforschung, Katalyse, Batterien und Luftreinigung. Metallorganische Netzwerkmaterialien (MOFs) produzieren wir hier in Dresden auch im Maßstab von einigen Kilogramm, sie können beim „Materials Center Dresden“ bestellt werden.“

Prof. Dr. Stefan Kaskel
Professur für Anorganische Chemie I
Tel: 0351/46334885
Mail: stefan.kaskel@tu-dresden.de

Angewandte Chemie, „Balancing Mechanical Stability and Ultrahigh Porosity in Crystalline Framework Materials“
https://doi.org/10.1002/anie.201808240 (International Edition)
https://doi.org/10.1002/ange.201808240 (German edition)

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Kim-Astrid Magister idw - Informationsdienst Wissenschaft

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