Wissenschaftler suchen nach der guten Brauhefe

Nur Hopfen, Gerste und Wasser dürfen Bierbrauer nach dem bayerischen Reinheitsgebot aus dem Jahr 1516 für die Herstellung von Bier verwenden. Ganz legal nutzen sie als vierte Zutat jedoch einen winzigen Organismus mit dem Namen Hefe, der bereits vor 500 Jahren bei der Bierherstellung unentbehrlich war, dessen Wirkung damals aber noch niemand kannte. Mit dieser Bierhefe beschäftigt sich Dr. Elke Nevoigt im Fachgebiet Mikrobiologie und Genetik der TU Berlin.

Der von Biologen „Saccharomyces cerevisiae“ genannte Organismus ist beim Bierbrauen nicht nur für die Produktion von Alkohol zuständig, sondern stellt auch eine Reihe von Nebenprodukten her. Eines davon wird kurz „Diacetyl“ genannt und gibt dem Getränk das bei Biertrinkern nicht sonderlich beliebte Aroma von Butter. Diesen Geschmack können die Brauer zwar eliminieren, wenn sie ihr Bier rund drei Wochen lagern, bevor sie es verkaufen; einfacher wäre es jedoch, würde die verwendete Hefe das Butteraroma gar nicht erst produzieren. Tatsächlich gibt es einen Hefestamm, der nur sehr wenig „Diacetyl“ enthält. Normalerweise würde man die Hefe mit der geringen Butteraroma-Produktion mit der klassischen Bierhefe kreuzen und hoffen, dass einer der Nachkommen zufällig die gewünschten Eigenschaften „gutes Brauen“ und „niedrige Butteraroma-Produktion“ kombiniert. Solche Kreuzungen funktionieren bei der Hefe allerdings nicht.

Daher versucht Elke Nevoigt gemeinsam mit ihren Kollegen herauszufinden, wie es ein Hefestamm schafft, nur wenig Butteraroma zu produzieren. Mit modernen Methoden der Molekularbiologie geht sie dieser Frage im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) auf den Grund. Zentrales Arbeitsmittel ist dabei ein „Microarray“ genanntes Glasplättchen, auf dem winzige Mengen vieler verschiedener „Sonden“ aufgebracht sind. Jede dieser „Sonden“ kann jeweils eine der rund 6000 verschiedenen Erbeigenschaften oder Gene, die eine Hefe im Durchschnitt hat, gezielt identifizieren und festhalten. Je größer die Mengen der jeweiligen Erbsubstanz sind, die eine solche Sonde bindet, umso aktiver ist dieses Gen im getesteten Hefestamm.

Vergleicht Elke Nevoigt diese Aktivitäten bei verschiedenen Hefestämmen miteinander, findet sie Unterschiede bei einigen Hundert Genen. Trägt die Molekularbiologin nun für jede dieser Erbeigenschaften die Stärke der Aktivität gegen die Menge des produzierten „Diacetyls“ in ein Diagramm ein, sieht sie aus dieser Kurve, ob und wie stark das jeweilige Gen den unerwünschten Butteraromagehalt beeinflusst.

Kennen die Brauer erst einmal diese Eigenschaften, können sie den gewünschten Hefestamm, der einen möglichst geringen Butteraromageschmack im Bier hinterlässt, viel gezielter als bisher suchen und züchten. Allerdings kann es noch eine ganze Weile dauern, bis dieser Stamm gefunden ist, weil offensichtlich mehrere Gene den Diacetylgehalt beeinflussen. Die richtige Kombination dieser unterschiedlichen Gene könnte zwar langwierig zu finden sein, aber auch einen entscheidenden Fortschritt für das Brauereiwesen bedeuten.

Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Dr. Elke Nevoigt, Fachgebiet Mikrobiologie und Genetik, TU Berlin, Tel.: 030/314-27469, Fax: -27592, E-Mail: e.nevoigt@tu-berlin.de

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Dr. Kristina R. Zerges idw

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