Grundlegende Prinzipien des gemeinsamen Lebens verschiedener Organismen auf der Pflanze

DFG: 1,24 Millionen Euro für neue Forschergruppe an der Universität Göttingen

Pflanzen stellen mit ihrer ständigen Produktion von Nährstoffen einen attraktiven „Wohnort“ für andere Organismen dar. Wie kann sich beispielsweise ein Pilz einen solchen Lebensraum erschließen? Löst der Pilz Veränderungen in der Pflanze aus, die sogar Einfluss auf Wechselwirkungen mit weiteren Besuchern, zum Beispiel Insekten, haben? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt einer neuen Forschergruppe an der Universität Göttingen, die die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) von August 2004 an über einen Zeitraum von drei Jahren mit insgesamt 1,24 Millionen Euro fördert. Der Verbund wird von acht Wissenschaftlern der drei Fakultäten Agrar- und Forstwissenschaften sowie Biologie getragen. Unterstützt von neun Doktoranden und zwei technischen Angestellten werden die Forscher aus den Bereichen Phytopathologie, Biochemie, Pflanzenphysiologie, Molekulargenetik und Entomologie grundlegende Prinzipien des gemeinsamen Lebens auf und in der Pflanze erarbeiten. Sprecherin der Gruppe ist die Biologin Prof. Dr. Christiane Gatz.

In der ersten Antragsperiode werden sich die Wissenschaftler mit einem im Rapsanbau gut bekannten Pilz befassen: Verticillium Iongisporum befällt bevorzugt Kreuzblüter durch die Wurzeln. In der Pflanze angekommen, besiedelt er ausschließlich das Xylem, ein Röhrensystem toter Zellen, in denen Wasser und gelöste Mineralstoffe vom Boden in die Blätter transportiert werden. Das Pilzmycel ist dabei so fein, dass es die Leitbahnen nicht verstopft. Prof. Gatz: „Obwohl der Pilz im Xylem kaum primäre Schäden anrichtet, bleiben die befallenen Pflanzen klein und bilden zu ungewöhnlich frühen Zeitpunkten Blüten. Im Rapsanbau führt diese Veränderung zu erheblichen Ertragseinbußen.“

Die Göttinger Wissenschaftler werden in diesem Zusammenhang untersuchen, durch welche chemischen Signale der Pilz das Entwicklungsprogramm der Pflanze beeinflusst und wie sich tolerante Pflanzen diesem Einfluss entziehen können. In die Forschungen soll in diesem Zusammenhang auch die international untersuchte Modellpflanze Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand), ebenfalls ein Kreuzblüter, einbezogen werden. Parallel dazu wollen die Forscher herausfinden, ob Insekten „riechen“, dass das Innere der Pflanze mit einem Pilz besiedelt ist. Dabei geht es auch um die Frage, ob sie eine solche Pflanze attraktiver oder unattraktiver finden. Zugleich soll ermittelt werden, ob andere Plize und Bakterien eine bereits infizierte Pflanze schneller oder langsamer besiedeln können.

Wie Prof. Gatz betont, werden sich die Forschungsarbeiten nicht auf die Beschreibung der Effekte begrenzen. „Wir wollen genau analysieren, durch welche Moleküle die Information ,Verticillium im Xylem’ von der Pflanze wahrgenommen wird. Unbekannt ist bislang auch, welche Gene an der Wahrnehmung und Weiterleitung dieser Information beteiligt sind. Hier stellt sich außerdem die Frage, ob die Pflanze das Wachstum des Pilzes aktiv in Schach hält. Da die Wechselwirkung mit weiteren Organismen über chemische Signale erfolgt, wollen wir exakt bestimmen, welche Biosynthesewege in der Pflanze durch den Pilz beeinflusst werden.“

Die Forschergruppe kann in der interdisziplinären Zusammenarbeit zurückgreifen auf das sich ergänzende Fachwissen der beteiligten Wissenschaftler, das von der biochemischen Analytik über die Pflanzenmolekulargenetik bis hin zum Verhaltenstest bei verschiedenen Insekten reicht. „Davon werden insbesondere auch die Doktoranden profitieren“, betont Prof. Gatz. Die enge Kooperation soll durch regelmäßige Treffen, gemeinsame Symposien sowie Kolloquien mit Gastreferenten gefördert werden, so dass „mit dieser Gruppe nicht nur wichtige Grundlagenforschung, sondern auch eine attraktive Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses betrieben wird“.

Der Bewilligungsausschuss der Deutschen Forschungsgemeinschaft hat im Juli 2004 die Förderung von insgesamt zehn neuen Forschergruppen mit einem dreijährigen Fördervolumen von rund 15 Millionen Euro beschlossen. Die Förderung soll helfen, die notwendige personelle und materielle Ausrüstung für eine mittelfristig – meist auf sechs Jahre – angelegte, enge Zusammenarbeit mehrerer Wissenschaftler verschiedener Disziplinen bereitzustellen, und auf diese Weise dazu beitragen, neue Arbeitsrichtungen zu etablieren.

Kontaktadresse:
Prof. Dr. Christiane Gatz
Georg-August-Universität Göttingen
Biologische Fakultät
Albrecht-von-Haller-Institut für Pflanzenwissenschaften
Untere Karspüle 2, 37073 Göttingen
Telefon (0551) 39-7843, Fax (0551) 39-7820
e-mail: cgatz@gwdg.de

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Marietta Fuhrmann-Koch idw

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