RUB-Biologie: Blinder Krebs mit komplexem Gehirn
Remipeden sind kleine, augenlose Krebse, die erst 1979 entdeckt wurden. Bisher galten sie als besonders primitiv. Biologen der Ruhr-Universität und der Universität Ulm erbringen nun den Gegenbeweis: In einer Studie zeigen sie, dass die Strukturen des Gehirns hochkomplex sind und den Gehirnen von höheren Krebsen und sogar Insekten frappierend ähnlich sind. „Für die Zoologie könnte dies bedeuten, dass es die Krebse im herkömmlichen Sinne nicht gibt“, sagt Dr. Martin Fanenbruck (RUB). Vielmehr sei ein Teil der Krebse – Remipedia und Malacostraca (so genannte höhere Krebse) – mit den Insekten näher verwandt als mit den übrigen, primitiven Krebsen (zum Beispiel Ruderfußkrebse, Rankenfüßer oder Wasserflöhe). Die Forschungsergebnisse stehen in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences, USA) vom 16. März 2004.
Ausgeprägter Geruchs- und Geschmackssinn
Die Remipeden bewohnen schwer zugängliche Höhlengewässer, zum Beispiel der Bahamas, Yukatans aber auch Lanzarotes. Mit Hilfe ihrer Fangbeine, an denen sich Giftklauen befinden, ergreifen und töten sie andere Krebse, ernähren sich aber wahrscheinlich auch von Aas. Aufgrund ihres gleichförmigen Körperbaus (Segmentierung) und ihrer trägen Fortbewegungsweise gelten sie als besonders primitive Krebse. Um jedoch Nahrung aufzuspüren, ist ihnen in ihrem völlig lichtlosen Lebensraum offenbar ein ausgeprägter Geruchs- und Geschmackssinn behilflich. Ihre Antennen sind mit einer Vielzahl chemorezeptiver Sinneshaare ausgestattet, über die ein stetiger Wasserstrom geleitet wird.
Verwandt mit Insekten und höheren Krebsen
Entsprechend komplex sind die Strukturen ihres Gehirnes aufgebaut, die chemosensorische Geruchs- und Geschmacksinformationen verarbeiten. In einer histologischen Studie haben die Bochumer Zoologen Prof. Dr. Johann Wolfgang Wägele und Dr. Martin Fanenbruck gemeinsam mit PD Dr. Steffen Harzsch (Universität Ulm) das Gehirn des Remipeden „Godzilliognomus frondosus“ untersucht (benannt nach dem japanischen Kinomonster „Godzilla“): Das hoch differenzierte Gehirn hat ausgeprägte Riechzentren und gekreuzte, so genannte olfactorisch-globuläre Trakte, die die Geruchsinformation in andere Gehirnabschnitte weiterleiten. Das bedeutet, dass die Neuroanatomie der Remipeden erstaunliche Übereinstimmungen aufweisen mit der höherer Krebse, der Malacostraca (Krabben, Hummer, Asseln und Verwandte), aber auch mit der von Insekten.
Weitere Informationen
Dr. Martin Fanenbruck, Lehrstuhl für Spezielle Zoologie (Prof. Dr. Johann Wolfgang Wägele), Fakultät für Biologie der RUB, Tel. 0234/32-25741, E-Mail: martin.fanenbruck@rub.de
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http://www.pnas.org/misc/archive030804.shtml#HL3Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
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