Fleischfressende Pflanzen als Quelle neuer Wirkstoffe

Ein japanisches Forscherteam hat in fleischfressenden Pflanzen Enzyme gefunden, die möglicherweise zur Herstellung neuer antibakterieller Arzneimittel verwendet werden können. Die Substanzen finden sich in der Verdauungsflüssigkeit von so genannten Kannenpflanzen, berichtet das Wissenschaftsmagazin Nature in seiner Online-Ausgabe.

„Die meisten der etwa 600 fleischfressenden Pflanzenarten sind wissenschaftlich kaum erforscht“, meint der Biologe Martin Schäfer von der Universität Freiburg gegenüber pressetext. Die Tricks, wie diese Pflanzen ihre Nahrung fangen, sind äußerst vielfältig: Manche, wie etwa der Sonnentau, der auch in den gemäßigten Zonen lebt, hat Blätter, an denen die Beute-Insekten kleben bleiben. Andere, wie etwa die Kannenpflanze Nepenthes alata, nutzen bunte Farben und verführerische Düfte um Insekten anzulocken. Landen die Insekten schließlich in den Kannen, sorgen glatte Wände dafür, dass sie nicht mehr wegfliegen können.

„Am unteren Rand der Kanne befinden sich Verdauungssäfte, die ähnlich der menschlichen Magensäure die Futtertiere zersetzen“, erklärt Schäfer, der die Farbsignale der artverwandten Nepenthes ventricosa untersucht hat. Im Verdauungssaft der Pflanze haben nun Forscher um Naoya Hatano vom Harima Institut in Riken und Tatsuro Hamada von der Ishikawa Prefectural University sieben Enzyme identifiziert, die bisher unbekannt waren. Genauere Untersuchungen haben deutlich gemacht, dass nur ein Teil von ihnen zur Verdauung der Insekten dient. Dies haben Vergleiche mit Enzymen mit ähnlichen Strukturen gezeigt. Die anderen Enzyme dienen offensichtlich der Konservierung der Beute. Ähnliche Strukturen fanden die Wissenschaftler nämlich in Enzymen, die Pilzbefall und Infektionen in Pflanzen verhindern.

Das Konzept der Konservierung mache zunächst keinen offensichtlichen Sinn. Bedenkt man allerdings, dass die Pflanzen ihre Beute extrem langsam verdauen, konkurrieren die Bakterien, die auf der Beute entstehen, mit jenen in der Pflanze und entziehen ihr wertvolle Nährstoffe, erklärt Hamada. Wird die Beute mit antibakteriellen Enzymen konserviert, bleiben mehr Nährstoffe für spätere Zeiten übrig. Genau diese Enzyme sind für die Entwicklung neuer Medikamente sehr interessant, schlussfolgert der Forscher.

Dass fleischfressende Pflanzen für die Forschung wertvolle Substanzen liefern können, steht auch für Schäfer außer Frage. „Es gibt allerdings zwei große Probleme, die man bewältigen muss. Das eine ist die Frage, ob man den gewünschten Stoff problemlos isolieren kann, das zweite ist die Frage nach der Stabilität der Substanz“, so der Biologe. Es sei sinnlos, wenn eine solche Substanz zum Beispiel nur in extrem saurer Umgebung bestehen könne. Essenziell sei es, dass die Substanzen nicht zu labil sind, erklärt der Forscher.

Schäfer hat erst kürzlich im Wissenschaftsmagazin „Biology letters“ über die Kannenpflanze und ihren Tricks bei der Nahrungsaufnahme von Insekten berichtet. In rot gefärbten Kannenpflanzen verirrten sich nach seinen Studien deutlich mehr Insekten als in grünen. „Wir interessieren uns für die Evolution und Co-Evolution der Insekten und Pflanzen im Bezug auf die Farben.“

Fleischfressende Pflanzen leben in extrem nährstoffarmen Böden. Sie betreiben wie alle Pflanzen Photosynthese, ernähren sich jedoch zusätzlich von Insekten.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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