Fertighäuser – geklebt statt genagelt

Das WKI hat einen Weg gefunden, Bauteile von Fertighäusern zu kleben. Diese können nun flexibler gestaltet werden.<br>

Dort, wo vor wenigen Tagen noch eine grüne Wiese war, steht nun bereits ein gesamtes Haus. Möglich wird dieser rasante Bau durch Bauteile, die in einem Fertigteilwerk industriell vorgefertigt und auf der Baustelle nur noch zusammenmontiert werden – man spricht von »Fertighäusern«.

Die einzelnen Wand-, Decken- und Dachelemente bestehen üblicherweise aus Holz: Die Hersteller fertigen im Werk zunächst eine Rahmenkonstruktion aus Kanthölzern, auf die sie dann Holzwerkstoffplatten aufbringen. Nägel und Klammern halten die Konstruktion fest zusammen. Dabei gilt es allerdings einiges zu beachten: Die Kanthölzer dürfen nicht zu schmal sein, sonst können die Nägel und Klammern ausbrechen. Zudem muss sich dort, wo die Platten aneinander stoßen, eine Rippe befinden, an der die Hersteller die Platten befestigen können.

Wäre es möglich, diese sowie die Hölzer zu kleben, könnten die Planer die Bauteile sehr viel flexibler gestalten. Zwar gibt es bereits einige Firmen, die mit flüssigen Klebstoffen bauen, bislang hat sich dieses Fertigungsverfahren jedoch nicht durchgesetzt. Denn der Prozess hat seine Tücken: Damit der flüssige Klebstoff aushärtet, muss man entweder die gesamte Holzplatte samt Kanthölzern erhitzen, oder mehrere Stunden warten. Eine zeitaufwändige Angelegenheit, die sich nur schlecht in den industriellen Produktionsprozess eingliedert.

Schnell aushärtendes Klebeband

Eine Alternative haben Forscher vom Fraunhofer-Institut für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut WKI in Braunschweig ausgetüftelt, gemeinsam mit ihren Kollegen vom Institut für Füge- und Schweißtechnik der TU Braunschweig. »Wir haben ein Klebeband entwickelt, das innerhalb von einer Minute aushärtet und die einzelnen Elemente zuverlässig und dauerhaft miteinander verbindet«, sagt Dr. Andreas Zillessen, Wissenschaftler am WKI. »Da der Klebstoff auf Knopfdruck aushärtet, können wir beim Zusammenbauen und nach dem Aufbringen des Klebebands beliebig lange warten, ohne dass der Kleber wie bei anderen Klebstoffen eintrocknet.«

Das Geheimnis liegt im Material selbst versteckt: Es besteht nicht nur, wie übliches Klebeband, aus einer Trägerfolie und dem Klebstoff, sondern hat zudem seine eigene »Heizung«. Diese ist ein Metallband, das auf beiden Seiten mit dem Klebstoff beschichtet ist. Will man zwei Holzleisten miteinander verkleben, bringt man das Klebeband an die richtige Stelle, positioniert die Leisten, und lässt elektrischen Strom durch das Metallband fließen. Das Resultat: Das Metall erwärmt sich, der Klebstoff schmilzt und verbindet sich mit dem Holz. Die Wärme sorgt zunächst dafür, dass der Klebstoff flüssig wird und in die Holzporen eindringt, beim Abkühlen härtet er anschließend sehr schnell aus. »Momentan brauchen wir etwa eine Minute für das Kleben und Aushärten, auf Dauer wollen wir diesen Prozess aber deutlich verkürzen«, erläutert Zillessen.

Die Herausforderung für die Forscher liegt nicht nur darin, den optimalen Klebstoff und das bestgeeignete Metallband zu finden, sondern vor allem, das Zusammenspiel der drei Komponenten zu optimieren. Denn der Klebstoff muss nicht nur am Metall haften, sondern auch am Holz. »Da das Klebeband vor allem in tragenden Klebungen in Gebäuden eingesetzt werden soll, muss er dauerhaft halten und eine strukturelle Festigkeit aufweisen«, sagt Zillessen.

Um dies zu erzielen, testen die Forscher verschiedene Klebstoffe und Metallbänder. Den optimalen Kleber haben sie bereits gefunden. Was die Metalle angeht, wartet noch etwas Arbeit auf die Wissenschaftler: Messing ist vielversprechend. Nun wollen die Experten noch Edelstahl und Aluminium testen. »Prinzipiell konnten wir bereits zeigen, dass die Technologie funktioniert«, fasst der Forscher zusammen. In etwa einem halben Jahr wollen die Wissenschaftler das Klebeband bei der Firma Schwörer testen.

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Dr.AndreasZillessen Fraunhofer Forschung Kompakt

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