Computertomographische Untersuchung eines steinzeitlichen Grabes

Oberhalb des Schädels befindet sich das Fragment eines punzierten Knochenkammes (zum Hochstecken der Haare gedacht).

Mit Hilfe eines High-tech Computertomographen ist erstmals ein Hockergrab aus der Rössener Kultur virtuell komplett ausgegraben worden. Der über 6000 Jahre alte Fund wurde vergangene Woche vom Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg nach Forchheim zu Siemens Medical Solutions transportiert. Die Restauratoren des Germanischen Nationalmuseums hatten auf einer schon vorher angefertigten zweidimensionalen Röntgenaufnahme bereits mehrere Grabbeigaben als Schatten erkennen können. Der schlechte Zustand des Erdreiches um das Skelett ließ eine reale Ausgrabung jedoch nicht zu. Da das Objekt zu fragil ist, würde durch Grabungen der museal wichtige „in situ“-Befund zerstört werden. Daher kam für weitere Erforschungen des Grabes nur der virtuelle Blick durch das Erdreich in Frage.

„In situ“-Bergungen wurden und werden auch heute noch aus Kostengründen nur äußerst selten vorgenommen. Außerdem sind neolithische Gräber aufgrund ihres hohen Alters und ihrer Erhaltungsbedingungen, vor allem die sehr geringe Grabtiefe, generell sehr selten. Somit würde die Zerstörung dieses Grabes für die Wissenschaft einen großen Verlust bedeuten.

In dem Grab befindet sich eine junge, weibliche Person, welche in der Schlaf- und Embryonalhaltung bestattet wurde, die häufigste Bestattungsart im Neolithikum. Als Grabbeigabe sind ein punktverzierter, ehemals wohl vierzinkiger Knochenkamm als Haarschmuck und ein Muschelarmband zu erkennen.

Zwischenzeitlich gab es jedoch Hineise darauf, dass sich zwischen und unter den Knochen weitere Artefakte befinden könnten. Zu diesen Erkenntnissen kam man bei einer bestandserhaltenden Restaurierung anlässlich der Neupräsentation der Schausammlungen des Museums. Die deswegen durchgeführte Röntgenprobe zeigte auffällige Schatten, welche diese Vermutung bestätigen. Auf den Ergebnisbildern der Computertomographie war jedoch sehr deutlich zu erkennen, dass es sich wohl nur um einen einfachen Stein handelte. Zunächst vermutete Bearbeitungen des Steins stellten sich als in einer Ebene darüber befindliche Irritationen heraus. „Für uns kommt das zwar überraschend, aber auch ein solcher Befund ist für uns ein interessantes Er-gebnis. Denn wir haben gesehen, dass die Computertomographie in der Lage ist, in unschlagbarer Klarheit diese Objekte zu erfassen“, sagte Susanne Koch, die sich als Restauratorin am Germanischen Nationalmuseum mit dem Objekt befasst hatte.

Zwischen 1879 und 1890 wurden auf dem Gräberfeld von Rössen (Ortsteil von Leuna, Kreis Merseburg-Querfurt in Sachsen-Anhalt) 93 Gräber geborgen, 48 davon sind der mittleren Jungsteinzeit (Neolithikum), genauer der Rössener Kultur (4800 – 4400 v. Chr.) zuzurechnen. Von diesen Funden kamen 86 Gräber nach Berlin (84 davon wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört), eines kam nach Hamburg und zwei nach Nürnberg in das Germanische Nationalmuseum. Die Verbreitungsschwerpunkte der Rössener Kultur liegen in Mittel- und Süddeutschland. Charakteristisch für sie ist eine Gefäßdekoration mit kräftigen, tiefen Einstichen die ehemals mit weißer Paste ausgelegt waren (Inkrustation). Sie bedecken teppichartig das gesamte Gefäß.

Das hier zu untersuchende Hockergrab wurde 1887 in Rössen „in situ“ geborgen. Im selben Jahr kam es anlässlich des Anthropologischen Kongresses nach Nürnberg und wurde vom Germanischen Nationalmuseum angekauft.

Dank der Hilfe von Siemens Medical Solutions ließ sich das Geheimnis des Grabes nun doch lüften, ohne die fragile Situation zu zerstören. Durch die Untersuchung mit dem Somatom Sensation 64, dem momentan leistungsfähigsten CT von Siemens, bestand die einmalige Möglichkeit, fast hundert Jahre nach der eigentlichen Ausgrabung herauszufinden, welche weiteren Artefakte sich in dem Grab befinden. Mit diesem Computertomographen, der die höchste räumliche Bildauflösung hat, ist es möglich, Strukturen, die nicht kleiner als 0,4 Millimeter sind, aufzuspüren. Der Scan des ungefähr einen Meter langen Grabes dauerte dabei nur 20 Sekunden, wobei fast 2500 Schichtbilder aufgenommen wurden.

Siemens Medical Solutions (Siemens) ist weltweit einer der größten Anbieter im Gesundheitswesen. Der Bereich steht für innovative Produkte und Komplettlösungen sowie für ein umfangreiches Angebot von Dienst- und Beratungsleistungen. Abgedeckt wird das gesamte Spektrum über bildgebende Systeme für Diagnose und Therapie, die Elektromedizin und die Audiologie bis hin zu IT-Lösungen. Mithilfe dieser Lösungen ermöglicht Siemens seinen Kunden, sichtbare Ergebnisse sowohl im klinischen, als auch im administrativen Bereich zu erzielen – so genannte „Proven Outcomes“. Innovationen aus dem Hause Siemens optimieren Arbeitsabläufe in Kliniken und Praxen und führen zu mehr Effizienz in der Gesundheitsversorgung. Siemens Med beschäftigt weltweit rund 31 000 Mitarbeiter und ist in 120 Ländern präsent. Im Geschäftsjahr 2002 (30. September) erzielte Siemens Med einen Umsatz von 7,6 Mrd. € sowie einen Auftragseingang von 8,4 Mrd. €. Das Bereichsergebnis betrug 1 Mrd. €.

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