Life Sciences profitieren von Synchrotronlicht

Die Max-Planck-Gesellschaft sowie die Schweizer Pharmakonzerne Novartis und Roche haben gemeinsam eine neue Synchrotron-Strahllinie am Paul Scherrer Institut (PSI) in der Schweiz finanziert. Sie wollen mit diesem Forschungsinstrument die Protein-Kristallografie nutzen – eine zukunftsweisende Methode, die auch der Entwicklung von Wirkstoffen für Medikamente dient. Die Investition stärkt den Forschungsplatz innerhalb Europas und fördert die internationale Zusammenarbeit.

Mit immer raffinierteren Methoden erkunden die Forscher die feinsten biologischen Strukturen. Die Protein-Kristallografie (PX) spielt dabei eine entscheidende Rolle. Proteine (Eiweisse) sind organische Riesenmoleküle, die aus kompliziert gebauten und gefalteten Ketten Tausender Atome bestehen. Bei der PX-Methode werden sie kristallisiert und mit Synchrotronlicht bestrahlt. Aus dem resultierenden Beugungsmuster lässt sich die atomare Struktur der Proteine bestimmen. Hierfür interessiert sich besonders die Pharmaindustrie. Denn die räumliche Struktur der Biomoleküle wird benötigt, um Wirkstoffe für Medikamente zu optimieren.

Drei gewichtige Partner

Am PSI ist jetzt an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz (SLS) die zweite Strahllinie für Protein-Kristallografie einsatzbereit. Genutzt wird sie von der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), von Roche und Novartis. An den Kosten beteiligte sich die MPG zur Hälfte, die beiden Basler Pharmakonzerne steuerten je 25 Prozent bei. Der finanzielle Aufwand für den Bau und einen zehnjährigen Betrieb der Strahllinie beläuft sich auf insgesamt rund 20 Millionen Franken.

Die gewichtigen Partner aus der internationalen Forschungsgemeinschaft und der Privatwirtschaft sind an der Anwendung der leistungsfähigen SLS sehr interessiert. Die MPG möchte ihre Grundlagenforschung mit Einsatz von Synchrotronlicht verstärken. Novartis und Roche wollen die Struktur von Zielproteinen für verschiedenste Krankheiten aufklären, darunter Krebs, Arthritis, Typ-2-Diabetes und Aids. Profitieren von dieser Investition wird das PSI als Benutzerlabor, das seine Fachleute für die herausfordernde Aufgabe einsetzen kann. Gestärkt wird aber auch der Forschungsplatz innerhalb Europas, auf dem ein innovatives Forschungsgebiet ausgebaut wird.

Gigantischer Röntgenapparat

Die SLS ist ein gigantischer Röntgenapparat und ein riesiges Mikroskop mit einem Umfang von 288 Metern. Sie ist seit 2001 in Betrieb und dient der Erforschung von neuartigen Materialien und Biomolekülen, von Mikro- und Nanostrukturen. Das Verständnis mikroskopischer Eigenschaften bringt echte Fortschritte, z. B. in der Halbleitertechnik, der Hochtemperatur-Supraleitung, in der Entwicklung von Arzneimitteln und von Werkstoffen für die Energietechnik.

Synchrotronlicht ist eine scharf gebündelte elektromagnetische Strahlung, hat Wellenlängen von UV-Licht bis zu harter Röntgenstrahlung und wird durch extrem schnell fliegende Elektronen ausgesandt. Die SLS am PSI zählt zu den weltweit brillantesten Anlagen. Unter hoher Brillanz (oder Leuchtdichte) versteht man, dass die Strahlung sowohl besonders intensiv wie auch stark gebündelt ist. Zurzeit stehen an der SLS den Benutzern sechs Strahllinien zur Verfügung, zwei sind kurz vor der Inbetriebnahme und vier in Planung. Platz hat es für insgesamt über 30 Strahllinien.

Für weitere Auskünfte:

Prof. Dr. Friso van der Veen, Forschungsbereichsleiter Synchrotronstrahlung und Nanotechnologie, PSI
Telefon 0041 (0)56 310 51 18, friso.vanderveen@psi.ch

Dr. Clemens Schulze-Briese, Forschungsgruppenleiter Makromolekulare Kristallographie, PSI
Telefon 0041 (0)56 310 45 33, clemens.schulze@psi.ch

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Beat Gerber idw

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