Ionenkanaldefekte als Ursachen von Muskelkrankheiten

Ionenkanaldefekte als Ursachen von Muskelkrankheiten – Gaetano-Conte-Preis 2004 für Grundlagenforschung

Im Rahmen des 7. Kongresses der Mediterranean Society of Myology (MSM), der vom 27. bis 30. Mai 2004 in der Nähe von Izmir in der Türkei abgehalten wurde, erhielt Prof. Dr. Dr. h.c. Frank Lehmann-Horn, Leiter der Abteilung Angewandte Physiologie der Universität Ulm, den Gaetano-Conte-Preis, den die Gaetano-Conte-Akademie der Universität Neapel auf dem Gebiet der neuromuskulären Erkrankungen vergibt. Neben Frank Lehmann-Horn (Grundlagenforschung) sind diesjährige Preisträger die Neurologen Georges Karpati, Montreal, und Corrado Angelini, Padua, die sich den Preis in der Klasse der Klinischen Forschung teilen, sowie Jane Miller, langjährige Managerin der Zeitschrift Neuromuscular Disorders, die in der Klasse für Soziale Leistungen ausgezeichnet wurde.

Gaetano Conte war ein neapolitanischer Arzt, der schon sehr früh (1836) Patienten mit Muskeldystrophie beschrieb. Ohne diese Arbeit zu kennen, widmete 1864 der Londoner Arzt Edward Meryon dem Krankheitsbild eine ganze Monographie. Etwas später (1868) spezifizierte der an der Pariser Salpêtrière arbeitende Guillaume Duchenne de Boulogne die Symptomatik der „pseudo-hypertrophen Muskelparalyse“. Die Geschichte hat die durch X-chromosomale Vererbung gekennzeichnete, häufigste und schwerste Form der Muskeldystrophie mit Duchennes Namen belegt.

Der Kardiologe Giovanni Nigro, der 1981 die Akademie gegründet hat, will mit dem von ihm 1982 gestifteten Preis das Andenken an den italienischen Entdecker der Duchenne-Muskeldystrophie wachhalten. In allen drei Klassen – Grundlagenforschung, Klinische Forschung und Soziale Leistungen – ist die Auszeichnung mit einer Goldenen Medaille sowie einem Preisgeld in Höhe von 1.000 Euro verbunden. Namhafte Preisträger früherer Jahre sind in der Klasse der Grundlagenforschung Lou Kunke, Boston, Entdecker des Dystrophin-Gens, Eric P Hoffman, Pittsburgh, Entdecker des Dystrophins, Kay Davies, Oxford, Entdeckerin des Utrophin-Gens, Kevin Campbell, Iowa City, Entdecker der Dystrophin-assoziierten Glykoproteine.

Frank Lehmann-Horn wurde für die Entdeckung geehrt, daß eine Reihe von Muskelkrankheiten, die durch veränderte Zellerregung charakterisiert sind, Ionenkanalkrankheiten darstellen. In den für geladene Teilchen undurchlässigen Wänden aller Körperzellen befinden sich Eiweiße, durch die Ionen strömen können, womit ein Informationsfluß zwischen dem Zelläußeren und dem Zellinneren ermöglicht wird. Diese Kanäle sind normalerweise durch „Tore“ verschlossen, deren Öffnung ein besonderes Ereignis darstellt. An den Muskelzellen vermittelt zum Beispiel die kurzzeitige Öffnung solcher Tore das Signal zur Zuckung.

Diese Kanäle können als Folge eines genetisch veränderten Bauplans defekt sein, etwa derart, daß sich die Tore zu leicht öffnen oder zu lange geöffnet bleiben. Dementsprechend leiden die Menschen mit solchen irregulär funktionierenden Kanälen an Über- oder Untererregbarkeit ihrer Muskeln, woraus die Krankheitsbilder der Myotonie bzw. der Periodischen Paralyse oder der malignen Hyperthermie resultieren. Diese Krankheiten gehören heute zu den am besten verstandenen Muskelkrankheiten. Die Arbeitsgruppe von Frank Lehmann-Horn hat durch ihre Forschungsergebnisse zu diesem Verständnis ganz wesentlich beigetragen.

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Peter Pietschmann idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-ulm.de

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