Biometrische Volkszählung für afrikanische Pinguine

Wissenschaftler der University of Bristol haben ein technisches Überwachungssystem entwickelt, dass es ermöglicht, die Bestandsgrößen und Populationsdynamik bei Pinguinen und anderen Arten zu ermitteln ohne sich den Tieren physisch nähern oder unmittelbar in ihren Lebensraum eingreifen zu müssen.

„Bisher musste man Metallmarken mit einem ID-Code verwenden, um die Pinguine verfolgen zu können“, sagt Peter Barham, Entwickler des „Penguin Recognition System“. Die Technologie der englischen Forscher hingegen basiert auf der Videoerfassung der charakteristischen Musterung der afrikanischen Pinguine. Da jeder Vogel ein anderes Muster aus schwarzen Flecken auf seiner Brust trägt, das sich während des gesamten Erwachsenenlebens nicht mehr verändert, können die Tiere einzeln identifiziert werden. „Das bedeutet, dass wir die Pinguine draußen in der Wildnis beobachten können, in Echtzeit und mit ziemlicher Genauigkeit“, so Barham.

Das „Überwachungssystem“, das auf der Summer Science Exhibition der Royal Society vorgestellt wird, soll verlässliche Daten über die Bestände und die sozialen Verhaltensweisen der afrikanischen Pinguine liefern, deren weltweiter Bestand auf weniger als 170.000 Exemplare geschätzt wird. Die Forscher haben sich zunächst auf eine rund 20.000 Tiere umfassende Gruppe auf Robben Island vor der Atlantikküste Südafrikas konzentriert. Mit konventionellen Markierungstechniken könne man aber nur einen kleinen Teil solch großer Gruppen erfassen, meint Barham. „Diese Bänder stehen zudem im Verdacht schädlich für die Tiere zu sein, die sie tragen. Wir wollten deshalb einen Weg finden, diese Vögel automatisch beobachten zu können ohne ihnen eine Schaden zuzufügen“, so der Physiker.

„Wir haben dort eine Kamera aufgestellt, wo die Pinguine regelmäßig auf ihrem Weg zum oder vom Meer vorbeikommen“, erklärt Barham. „Jedes Bild, das die Kamera macht, wird an einen Computer zurückgesendet.“ Die Software sei nun so eingestellt, dass sie erkennt, wenn sich ein Pinguin im Blickfeld der Kamera befindet und anhand des Fleckenmusters unterscheidet, ob es sich um ein bekanntes oder ein neues Tier handelt. Befindet sich ein bisher unerfasstes Tier im Sichtfeld, löst die Kamera aus und speichert eine Identifikationsnummer, Datum, Zeit und Sichtungsort. Vorausgesetzt die Aufnahmen sind gut genug, könne der einzelne Vogel mit einer Sicherheit von 98 Prozent identifiziert werden. Allerdings liegt in diesem Punkt auch der Wehrmutstropfen des Systems, denn bei schlechtem Licht oder Verdeckung von Tieren durch andere kann die Kamera nur wenig aussagekräftige Bilder liefern. Um dieses Hindernis zu überwinden, arbeitet das Team derzeit an der Kombination von intelligenten Kameras, die schwenk- und neigbar sind und zoomen können. „Einmal vollendet, werden diese Systeme die Genauigkeit, Quantität und Qualität von Populationsdaten revolutionieren, die Ökologen und Umweltschützern verfügbar sind“, sagt Barham.

„Wir glauben, dass diese neue Technik es Biologen erlauben wird, viele Vertreter verschiedener Arten kostengünstig, schnell und automatisch zu identifizieren und über längere Zeit zu beobachten“, fügt Projektmitarbeiter Tilo Burghardt an. Generell sei die Technologie auf alle Arten anwendbar, die bestimmte individuelle Muster auf Haut, Fell oder Gefieder tragen. „Man muss das System nur darauf trainieren, eine bestimmte Tierart zu erkennen. Dann muss es die Flächen finden, wo die Musterungen voraussichtlich vorkommen und diese Informationen weiterverarbeiten“, so Barham.

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Claudia Misch pressetext.austria

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