Umweltverschmutzung und Resistenzen: Innovatives Überwachungssystem

Umweltverschmutzung China Freie Universität Bozen

Massiver Einsatz von Antibiotika und Pestiziden in der Landwirtschaft, die unsachgemäße Entsorgung von Industrieabfällen und nicht zuletzt eine rasante Verstädterung haben die Umgebung der Stadt Zhangye in der chinesischen Provinz Gansu hochgradig verschmutzt.

So negativ diese Tatsache auch sein mag: Für die Forschung von Prof. Lorenzo Brusetti und Luigimaria Borruso von der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik der Freien Universität Bozen macht sie das Gebiet zum optimalen Testumfeld. Mit Hilfe von Klasse-1-Integrons, kleineren Genabschnitten bei Bakterien, konnte das Team um Brusetti und Borruso den Verschmutzungsgrad der Böden exakt analysieren.

Die Methode ist insofern neu, als dass bei der Analyse bisher vor allem auf chemische Untersuchungsmethoden zurückgegriffen wurde. Die Chemie liefert dabei Anhaltspunkte für chemische Verbindungen in den Böden, in der Luft oder im Wasser, verliert aber Synergieeffekte aus den Augen. Ein Stoff, der für sich genommen ungefährlich ist, könnte demnach im Zusammenspiel mit anderen Stoffen enorme Gefahren bergen, ohne dass dies durch die chemische Analyse gezeigt würde.

„Indem wir aber Bioindikatoren wie die Klasse-1-Integrons verwenden, können wir nicht nur exakt den Verschmutzungsgrad bestimmen, sondern auch Synergieeffekte und dadurch die effektiven Gesundheitsrisiken analysieren“, so Brusetti und Borruso. Die Klasse-1-Integrons sind Bruchstücke bakterieller DNA, deren Präsenz darauf verweist, dass das Umweltgleichgewicht gestört ist.

Das grundlegend Neue der Untersuchungsmethode ist, dass mit ihrer Hilfe auch Antibiotikaresistenzen oder erhöhte Schwermetallkonzentrationen nachgewiesen werden können. Gerade ersteres Problem gehört derzeit zu den großen Herausforderungen der medizinischen Forschung.

Der Grund dafür ist einfach: Wird die Verwendung von Antibiotika in Medizin und Landwirtschaft nicht eingeschränkt, geht die Weltgesundheitsorganisation WHO ab 2050 von einem tödlichen Risiko für jährlich zehn Millionen Menschen aufgrund von Antibiotikaresistenzen aus.

„Eine Untersuchungsmethode wie die unsere macht klar, ob in einem Gebiet eine Antibiotika- oder Schwermetall-Verschmutzung herrscht und ob es Resistenzen gibt, die von Individuum zu Individuum übertragen werden könnten“, so die beiden Wissenschaftler. Und diese Daten könnten wiederum umgehend den Umwelt- und Gesundheitsbehörden zur Verfügung gestellt werden.

Die Methode der beiden Forscher könnte demnach künftig die Untersuchung der Umweltverschmutzung in einem bestimmten Gebiet nicht nur effizienter, schneller und kostengünstiger machen, sondern auch – und vor allem – „neue“ Verschmutzungen wie jene mit Antibiotika sichtbar machen. Entsprechende Experimente führen Brusetti und Borruso auch bereits in der Region Trentino-Südtirol durch.

Ihre Forschungsarbeit ist von der deutschen Kurt Eberhard Bode-Stiftung, vom norwegischen Forschungsbeirat und der Stiftung der Freien Universität Bozen unterstützt worden. Die ersten Forschungsergebnisse wurden nun in Science of the Total Environment veröffentlicht, einer der renommiertesten interdisziplinären Fachzeitschriften.

vic/01.07.2016

http://www.unibz.it

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Vicky Rabensteiner idw - Informationsdienst Wissenschaft

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