Tiermehl als Phosphorquelle

Phosphor ist ein weltweit knapper Rohstoff, der etwa für Düngemittel benötigt wird. Tiermehl enthält Phosphor. Mit einem neuen Verfahren lässt sich die Ressource deutlich effizienter nutzen. © Fraunhofer IFF

Leberwurst, Salami, Steak – die Deutschen essen viel Fleisch. Nicht alle Teile vom Rind und vom Schwein landen dabei auf dem Teller. Zähne, Hufe, Knochen, Augen etwa bleiben übrig und werden zu Tiermehl verarbeitet.

Allein in Deutschland fallen mehr als 200 000 Tonnen jährlich an. Die gemahlenen Überbleibsel werden zum Teil wieder an Tiere verfüttert. Der Rest – der etwa aus Augen und Hirn besteht, die die Erreger von BSE enthalten könnten – wird in Müllverbrennungsanlagen gemeinsam mit anderem Abfall verbrannt.

Dünger für die Landwirtschaft

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg schlagen einen anderen Weg vor: »Wir verbrennen das Tiermehl auf spezielle Weise, so dass wir daraus ein wichtiges Mineral zurückgewinnen können«, erläutert Patric Heidecke, Wissenschaftler am IFF. Denn der Rohstoff enthält etwa drei bis vier Prozent Phosphor, ein Mineral also, das nicht unbegrenzt zur Verfügung steht und teuer ist. Man braucht es vor allem als Dünger in der Landwirtschaft.

In der Asche beträgt der Phosphoranteil bis zu 16 Prozent. Das ist so viel wie in natürlichen Lagerstätten, die sich vor allem in China, Marokko und den USA befinden. »Die Asche könnte – ebenso wie das phosphorhaltige Material, das in den Lagerstätten gewonnen wird – zu Düngemittel weiterverarbeitet werden«, sagt Heidecke. »Rein rechnerisch lässt sich damit rund fünf Prozent des jährlichen Phosphat-Düngemittelbedarfs in Deutschland ersetzen.«

Schwermetalle von der Asche trennen

Zwar wird das Tiermehl auch heute schon teilweise verbrannt. Allerdings mischt man es dafür mit anderen Brennstoffen. Das führt einerseits dazu, dass der Phosphor in der entstehenden Asche verdünnt ist, andererseits gelangen über die anderen Materialien auch unerwünschte Stoffe in die Asche. Ein weiteres Problem: Das Nebenprodukt enthält Schwermetalle wie Quecksilber und Blei, die später nicht mit auf dem Feld landen dürfen. In der Asche aus den Müllverbrennungsanlagen sind diese Schadstoffe jedoch enthalten.

All dies haben die Forscher bei ihrer Entwicklung berücksichtigt. Das Prinzip: Sie füllen das Tiermehl in eine 850 Grad Celsius heiße Wirbelschichtanlage. Von unten strömt kontinuierlich Luft in eine Brennkammer und vermischt das Mehl mit heißem Quarzsand. Die Masse zündet, und die organischen Partikel verbrennen vollständig. Die Wärme wird abgeführt, sie kann entweder direkt genutzt oder zu Strom umgewandelt werden.

Das entstehende Verbrennungsgas, das aufgrund der Luftwirbel auch einen Großteil der Asche enthält, wird in den Ausbrandzyklon geleitet. Dieser trennt die gute, saubere Asche von der schlechten, in der sich die giftigen Schwermetalle befinden. Dafür bremsen die Forscher den Luftstrom ab. Die Asche sinkt auf den Boden, während die Schwermetalle und Ascheteilchen, die kleiner als einen Zehntel Millimeter sind, in der Luft verbleiben. Sie werden später abgeschieden und entsorgt.

Erste kommerzielle Anlage geplant

Welche Parameter müssen bei der Verbrennung eingestellt werden, damit einerseits möglichst viel Wärme erzeugt wird und sich andererseits keine unerwünschten Schadstoffe wie Stickoxide bilden? Dies haben die Forscher in einer breit angelegten Messreihe untersucht. Die Wissenschaftler nutzen eine Wirbelschichtanlage, die etwa vier Meter hoch ist und eine Leistung von 150 Kilowatt erbringt.

»Es ließe sich jedoch auch problemlos eine Anlage von zehn Megawatt Leistung realisieren«, sagt Heidecke. Nun wollen sie die erste kommerzielle Anlage bei einem Praxispartner errichten. »In zehn Jahren«, da ist sich der Experte sicher, »wird sich dieses Konzept durchgesetzt haben, da es sich neben dem Brennstoff Tiermehl auch für Klärschlamm eignet.« Zwar ist es momentan noch erlaubt, Klärschlamm als Dünger auf den Feldern auszubringen. Doch der Schlamm enthält Schwermetalle sowie Nitrat, durch das Gewässer umkippen können.

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M. A. Anna-Kristina Mahler Fraunhofer Forschung Kompakt

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