Stechlinsee: klares Wasser mit trüben Aussichten?

Stechlinsee<br>GNF-Archiv

Bürgermeister und Gemeindevertreter, Politiker auf der Landesebene, Naturschutzexperten, Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), Landestauchsportverband Brandenburg e.V., Fischer sowie Vertreter der Tourismusbranche lud der Global Nature Fund am 7. September zu einer Diskussion über die Zukunft des Stechlinsees ein.

Laut Messungen des IGB und Beobachtungen der Sporttaucher sind die Phosphorwerte im Tiefenwasser in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. Was sind die Ursachen einer voranschreitenden Verschlechterung? Wie geht es weiter? Diese und viele anderen Fragen stellten sich die Teilnehmer des Runden Tisches in der Tauchbasis Stechlin.

Der Stechlinsee ist ein Teil des Naturparks Stechlin-Ruppiner Land und beherbergt eine unzählige Vielfalt an Unterwasserfauna und -flora, insbesondere die ausgedehnten Bestände der seltenen Armleuchteralgenarten finden hier ideale Lebensbedingungen. Allerdings verlor der See in den letzten Jahrzehnten 100 Hektar seiner wertvollen Unterwasserpflanzengesellschaften, was ca. 60 % des besiedelbaren Gebietes auf dem Seengrund beträgt. Die Entwicklung verschiedener Planktonarten nahm massenhaft zu. Noch sind nicht alle Faktoren, die für diese Veränderungen verantwortlich sind, ausreichend analysiert.

Sünden der Vergangenheit
Zwischen 1966 und 1990 war der Stechlinsee Bestandteil des äußeren Kühlkreislaufs des Atomkraftwerkes Rheinsberg. Täglich wurden fast 300.000 Kubikmeter um bis zu 10°C erwärmtes und durch Kraftwerksabwässer verunreinigtes Wasser in den Stechlin gepumpt. 1990 wurde das Atomkraftwerk abgeschaltet und wird seit dem zurückgebaut.

Mit dem Ortsteil Neuglobsow der Gemeinde Stechlin befindet sich nur eine Siedlung am Ufer des Stechlinsees. Diese war aber in der DDR vom Massentourismus stark geprägt. Allein im Jahr 1977 wurden 21.300 Kur- und Feriengäste mit 317.000 Übernachtungen bei unzureichender Abwasserreinigung gezählt. Auch häusliche Abwässer und intensive Enten- und Karpfenmast in den 70-er Jahren im Dagowsee, der in den Stechlin entwässert, wurden zu weiteren negativen Einflussfaktor für das Seeökosystem. Die Zufuhr von Nährstoffen aus unterschiedlichen Quellen hat starke und zum Teil langfristige negative Auswirkungen auf den Stechlinsee.

Was tun?
Im Laufe des Runden Tisches am Stechlinsee sind die Teilnehmer zum Konsens gekommen, dass die möglichen, bereits geplanten Maßnahmen, zeitnah umgesetzt werden müssen. Es darf nicht, wie in der jüngsten Vergangenheit, große Mengen nährstoffreiches Wasser aus dem Dagowsee direkt in den Stechlinsee fließen. Es muss für den Dagowsee ein Wasserstand festgelegt werden, der den Stechlinsee entlastet.

Es wurde als hilfreich erachtet, eine Liste der dringenden Forschungsfragen zusammen zu stellen, die beim investigativen Monitoring durch das IGB eingesetzt werden kann. Zunächst muss aber eine Untersuchung der aktuellen Situation im Stechlin und Dagowsee erfolgen um zu verifizieren, welche Maßnahmen ökologisch relevant ist.

Das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg soll sich bereit erklären, auf ein verbessertes Fischereimanagement hinzuwirken, sowie die Frage des illegalen Fischbesatzes und den gesetzlichen Rahmen dafür zu überprüfen.

Es besteht ein großer Informationsbedarf zur Wasserqualität in der Gemeinde und unter den Besuchern der Region. Die Öffentlichkeit soll darauf hingewiesen werden, dass der See nicht mehr oligotroph ist, sondern schwach mesotroph. Das Ziel am See soll sein, den Zustand auf einem möglichst hohen Niveau zu halten.

Eine langjährige Beobachtung, die am See stattfand, ist wichtig um die Situation zu überwachen. Diese bildet die Voraussetzung um mit diesen Erfahrungen Lösungen zu finden. Und die Akteure vor Ort sollten aus fachlichen Gründen und Überzeugung dahinter stehen.

Die Partner im Netzwerk Lebendige Seen Deutschland fordern eine nachhaltige Zukunft für den Stechlinsee und rufen die zuständigen Behörden zu einem verantwortungsvollen und zukunftsorientierten Blick auf ihre wertvollen Naturschätze auf.

Hintergrund
Der Global Nature Fund nimmt den Weltwassertag am 22. März zum Anlass, jährlich einen „Lebendigen See“ in Deutschland zu küren. Diese Aktion soll auf unsere Seen als wertvolle Ökosysteme und einzigartige Naturschätze aufmerksam machen. Die Initiative beruht auf den langjährigen, erfolgreichen Erfahrungen der internationalen Aktion „Bedrohter See des Jahres“ und soll zur Lösung von drängenden Problemen an Feuchtgebieten und Seen beitragen. Mit der Ernennung des Stechlinsees zum Lebendigen See des Jahres wollen die Partner eine Entwicklung fördern, die die ökologische Bedeutung des Gewässers in den Mittelpunkt stellt. Mehr zum Stechlinsee, seinen Besonderheiten und Problemen sowie aktuellen Entwicklungen am und rund um den See erfahren Sie unter www.globalnature.org/LebendigerSee2012.

Das Netzwerk Lebendige Seen Deutschland
Der Stechlinsee ist Mitglied im Seennetzwerk Lebendige Seen Deutschland, das vom Global Nature Fund ins Leben gerufen wurde. Das Netzwerk ist verknüpft mit der erfolgreichen weltweiten Umweltinitiative „Living Lakes“, die in Deutschland durch den Global Nature Fund koordiniert wird. Im Mittelpunkt des Netzwerks stehen die dauerhafte und nachhaltige Entwicklung von Seen und Feuchtgebieten. Das Netzwerk schafft eine Plattform für den Erfahrungsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den Organisationen, die vor Ort für den Schutz der Gewässer aktiv sind. Unterstützt wird das Seennetzwerk Deutschland von der Anton & Petra Ehrmann-Stiftung.
Mehr Informationen unter: www.globalnature.org/Netzwerk-Deutschland

Der Global Nature Fund
Der Global Nature Fund (GNF) ist eine internationale Stiftung für Umwelt und Natur. Die Stiftung ist staatlich unabhängig und verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Eine zentrale, von der Stiftung Global Nature Fund gestartete Initiative, ist das im Jahr 1998 gegründete internationale Seennetzwerk „Living Lakes – Lebendige Seen“, das sich weltweit für den Schutz von Seen und Feuchtgebieten einsetzt.

Kontakt

Katja Weickmann
Global Nature Fund (GNF)
Hackescher Markt 4
10178 Berlin
Tel.: 030 2400 867-32
Fax: 030 2400 867-19
weickmann@globalnature.org
www.globalnature.org
Tom Kirschey
NABU Brandenburg
Lindenstraße 34
14467 Potsdam
Tel.: 0331 20 155 7-0
Fax: 0331 20 155 7-7
info@NABU-Brandenburg.de
www.brandenburg.nabu.de
Dr. Thorsten Grospietsch
Landestauchsportverband Brandenburg e.V. (LTSVB)
Kopernikusstr.7
14482 Potsdam – Babelsberg
Tel.: 0331 7147 03
info@ltsv-brandenburg.de
www.ltsv-brandenburg.de
PD Dr. Ralph O. Schill
Verband Deutscher Sporttaucher e.V. (VDST)
Berlinerstraße 312
63067 Offenbach
Tel.: 069 981902-5
umwelt@vdst.de
www.vdst.de

Media Contact

Katja Weickmann Global Nature Fund

Weitere Informationen:

http://www.globalnature.org

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