Halogen-Klimagase werden auch in Deutschland ausgestoßen

Das Taunus-Observatorium auf dem Kleinen Feldberg bei Frankfurt am Main beherbergt das neue Messgerät „Medusa“, mit dem sich klimaschädliche F-Gase aufgespürt werden könnten.
(c) Markus Bernards / Goethe-Universität

Neues Messgerät der Goethe-Universität:

Viele gasförmige Stoffe mit Halogenen wie Chlor oder Fluor tragen ähnlich wie Kohlendioxid zum Treibhauseffekt bei. Am Taunus-Observatorium auf dem Kleinen Feldberg bei Frankfurt haben Forschende der Goethe-Universität jetzt ein Messgerät in Betrieb genommen, das erstmals in Deutschland kontinuierlich und mit hoher Genauigkeit die Konzentrationen solcher Gase im Rahmen eines internationalen Netzwerks überwacht. Erste Messergebnisse deuten auf Quellen spezieller fluorierter Gase (F-Gase) auch in Deutschland hin. Die Frankfurter Wissenschaftler:innen betonen, dass die Erfassung von F-Gasen langfristig in das behördliche Luftmessungsprogramm aufgenommen werden sollte.

Früher waren sie in jedem Kühlschrank und in jeder Spraydose, bis herausgefunden wurde, dass sie ein Loch in die schützende Ozonschicht der Atmosphäre gerissen hatten: Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe, kurz FCKW. Seit 2000 ist die FCKW-Produktion durch das Montreal-Protokoll weltweit praktisch verboten. Als Ersatz kamen vermehrt halogenierte Kohlenwasserstoffe ohne Chlor, sogenannte F-Gase zum Einsatz – bis sich herausstellte: Diese Gase stellen zwar keine Bedrohung für die Ozonschicht dar, sind aber, genau wie die FCKWs, starke Treibhausgase. Im Jahr 2016 wurden daher im Rahmen des sogenannten „Kigali-Abkommen“ auch die F-Gase in das Montreal-Protokoll aufgenommen. In Europa sollen die Emissionen durch die F-Gas-Verordnung (517/2014) reduziert werden.

Trotz ihrer niedrigen Konzentrationen tragen halogenierte Treibhausgase erheblich zum Klimawandel bei: Bis zu neun Prozent des anthropogenen Treibhauseffekts werden durch halogenierte Treibhausgase verursacht, denn ein Kilogramm dieser Gase kann den gleichen Klimaeffekt haben wie zehn Tonnen Kohlendioxid. Bisher wird in Deutschland ihr Vorkommen in der Atmosphäre allerdings nicht systematisch überwacht.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität haben jetzt am Taunus-Observatorium auf dem Kleinen Feldberg bei Frankfurt im Rahmen des ACTRIS Infrastrukturprogramms ein Messgerät namens „Medusa“ in Betrieb genommen, das kontinuierlich die Konzentration einer Vielzahl atmosphärisch relevanter Spurengase misst. Die Messungen der halogenierten Treibhausgase sind zudem in das internationale Netzwerk AGAGE eingebunden, das seit 1978 an Stationen überall auf der Erde das Vorkommen klimarelevanter Spurengase beobachtet. Dadurch sind dies die ersten hochqualitativen Messungen dieser Art in Deutschland, die auch global vergleichbar sind.

Prof. Andreas Engel vom Institut für Atmosphäre und Umwelt der Goethe-Universität, der „Medusa“ betreut, sagt: „Unsere Messungen haben bereits klar gezeigt, dass es in Deutschland bedeutsame Quellen von F-Gasen gibt. Wir haben uns daher im Rahmen eines durch die EU geförderten Projekts mit weiteren Forschenden vor allem aus Deutschland, der Schweiz und Großbritannien zusammengetan, um aus den Messungen mit Hilfe von Computermodellen die Emissionen der F-Gase zu quantifizieren und ihre Herkunftsregionen stärker einzugrenzen.“

Die Messungen seien wegen der sehr niedrigen Konzentrationen, der Vielzahl der zu messenden Komponenten und der benötigten hohen Genauigkeiten sehr aufwendig, so Engel. Wegen der Relevanz der F-Gase sollten die Messungen langfristig jedoch von der Forschung in die behördliche Luftüberwachung übergehen, ist der Atmosphärenforscher überzeugt: „Wir müssen ein Programm aufbauen, das die systematische Erfassung halogenierter Treibhausgase, inklusive der F-Gase in das System der behördlichen Luftmessungen einbezieht. Damit können ausreichend Daten gewonnen werden, um Quellen zu identifizieren und geeignete Gegenmaßnahmen zu treffen.“

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Andreas Engel
Institut für Atmosphäre und Umwelt
Goethe Universität Frankfurt
Tel: + 49 (0)69 798-40259
an.engel@iau.uni-frankfurt.de
Website: http://www.geo.uni-frankfurt.de/iau

Weitere Informationen:

https://www.forschung-frankfurt.uni-frankfurt.de/95369562.pdf Tot geglaubte Treibhausgase (Forschung Frankfurt 2-2020)
https://agage.mit.edu/ AGAGE: Weltweites Atmosphärenforschungsprojekt „Advanced Global Atmospheric Gases Experiment“

https://www.uni-frankfurt.de

Media Contact

Dr. Markus Bernards Public Relations und Kommunikation
Goethe-Universität Frankfurt am Main

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Ökologie Umwelt- Naturschutz

Dieser Themenkomplex befasst sich primär mit den Wechselbeziehungen zwischen Organismen und den auf sie wirkenden Umweltfaktoren, aber auch im weiteren Sinn zwischen einzelnen unbelebten Umweltfaktoren.

Der innovations report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Klimaschutz, Landschaftsschutzgebiete, Ökosysteme, Naturparks sowie zu Untersuchungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer