Getriebe bleiben der Schlüssel für weitere Effizienzsteigerungen

Die Elektrifizierung des Antriebsstrangs beziehungsweise des Getriebes ist eines der bestimmenden Themen in der Automobilindustrie. Rund 50 Prozent der rund 650 Teilnehmer des diesjährigen 8. Internationalen CTI Symposiums „Innovative Fahrzeug-Getriebe“ (1. und 2. Dezember 2009, Berlin) gaben in einer TED-Umfrage an, sich intensiv mit dem Thema zu beschäftigten.

Für weitere 15,4 Prozent der befragten Getriebe- und Antriebsexperten ist die Elektrifizierung sogar zentral oder das einzige Thema. Konventionelle Mehrstufengetriebe werden noch von 19,3 Prozent als eine Getriebetechnologie in einer elektrifizierten Zukunft angesehen.

Doppelkuppelungsgetrieben gehört die Zukunft
Automatisierten Schaltgetrieben (AMT) geben die Experten keine langen Überlebungschancen mehr. Fast 50 Prozent gehen davon aus, dass AMTs als erstes vom Markt verschwinden werden. Über 30 Prozent sehen der Zukunft von stufenlosen Getrieben (CVT) pessimistisch entgegen. Doppelkuppelungsgetriebe (DCT) und Automatikgetriebe (AT) werden dagegen eine wichtige Rolle im Antriebsstrang übernehmen. Auf die Frage nach den langfristigen Perspektiven der DCTs im Vergleich zu den ATs sind fast 40 Prozent überzeugt, dass sich beide Getriebearten gleichwertig durchsetzen werden. 37 Prozent sehen aber eine Überlegenheit der Doppelkuppelungsgetriebe. Die Potenziale zur Kraftstoffeinsparung von DCTs betonte auch Prof. Dr. Leopold Mikulic (Daimler AG). Werde beispielsweise das hauseigene CVT bei Frontquerantrieben wie der Mercedes-Benz A- und B-Klasse durch ein DCT ersetzt, könnten fünf Prozent Kraftstoff eingespart werden. Das DCT habe Vorteile gegenüber dem CVT wegen der geringeren Komplexität und konzeptbedingten besserem Wirkungsgrad, so Mikulic. „Bei Stufenautomaten ist der Trend weg von noch mehr Gängen, hin zu mehr Spreizung erkennen“, sagte der Daimler-Antriebsstrang-Chef weiter. Beim klassischen Pkw-Heckantrieb seien durch ein 7G-tronic-Getriebe, ein Start-Stopp-System, eine neue Getriebegeneration sowie ein neues Hybridgetriebe sogar Kraftstoffeinsparungen von rund 28 Prozent möglich. Auch bei Daimler Trucks stünde die Verringerung des Kraftstoffverbrauchs für Schwerlast-LKW um 20 Prozent gegenüber 2005 im Fokus der Bemühungen, betonte Georg Weiberg, Vice President bei Daimler Trucks (Daimler AG). Neben dem Trend zu Direktganggetrieben mit12 oder 16 Gängen und Spreizungen bis 17 gewänne auch bei Nutzfahrzeugen die „sinnvolle Hybridisierung“ an Bedeutung. Parallelhybride bei Bussen und Lkw im Stadt- und Verteilerverkehr seien sinnvoll. Im Fernverkehr bringe ein Hybrid als Mild-Version fünf bis sechs Prozent weniger Kraftstoffverbrauch, wenn man die Energie von Anpassungsbremsungen und -beschleunigungen rekuperiere und den Nebenaggregaten elektrisch zur Verfügung stelle, so Weiberg.

Ist das Elektroauto nur ein Hype?
Die Frage nach den realistischen Möglichkeiten von Elektrofahrzeugen war eines der Themen der großen Podiumsdiskussion. Dr. Thomas Schlick (Verband der Automobilindustrie, VDA) verwies auf die politischen Rahmenbedingungen. „Wenn es politisch gewollt ist, dass wir elektrisch fahren, wird sich das auch nachhaltig durchsetzen“, so Schlick. In den Großstädten Chinas könne man bereits heute beobachten, dass fast keine Mopeds mit Verbrennungsmotor mehr unterwegs seien. „Der Einsatz von Elektroautos in den Megacities erscheint sehr interessant“, stimmte Dr. Johannes Liebl (BMW Group) zu. Er kündigte für 2015 die Serienproduktion von Elektroautos bei BMW an, auch wenn zurzeit die Anwendungen noch nicht klar seien. Georg Weiberg wies auf die noch recht junge Technologie des Batteriemanagements hin und prognostizierte bei den Batterien in den nächsten fünf Jahren einige Technologiesprünge. Von der zügigen Weiterentwicklung der Batterien zeigte sich auch Gerald Killmann (Toyota Motor Europe) überzeugt: „Das E-Auto ist vor 100 Jahren schon einmal gestorben. Das lag im Wesentlichen an der Batterie. Erst jetzt haben wir die Materialien, die uns die Zuverlässigkeiten bieten, die wir brauchen“. Die Hybridisierung sei für Toyota weiterhin der strategische Kernpunkt, allerdings müssten auch die unterschiedlichen Märkte beachtet werden. „In den Schwellenländern wird das Hybridauto aus Kostengründen noch auf sich warten lassen“, so Killmann.

Verhalten optimistische Stimmung
Befragt nach der allgemeinen Lage in der Automobilindustrie angesichts der aktuellen Krise schätzten über 40 Prozent der Symposium-Teilnehmer, das es langsam wieder bergauf geht. Über 51 Prozent sehen die Talsohle zwar erreicht, glauben aber nicht an einen nachhaltigen Aufschwung. Den Takt in der Antriebstechnologie bis 2020 gibt nach Einschätzung der Experten weiterhin Europa an. Für rund 50 Prozent werden europäische Getriebetechnologien weiterhin führend sein, allerdings sehen schon 26,8 Prozent China und 17,8 Prozent Japan als Taktgeber. Dieses Ergebnis wurde auf dem CTI Getriebe-Symposium heftig diskutiert, da im letzten Jahr noch rund 70 Prozent der Teilnehmer Europa als Führungsmarkt angesehen haben und China und Japan gemeinsam nur das Vertrauen von 23,4 Prozent erhalten hatten. Rolf Najork (GETRAG Corporate Group) sagte zu dem guten Abschneiden Chinas: „China wird die Standards setzen, nicht weil sie technologisch führend sein werden, sondern weil sie den größten einheitlichen Binnenmarkt der Welt haben“. Schlick verwies darauf, dass auch die Chinesen die internationalen Standards einhalten werden, da sie ihre Fahrzeuge exportieren wollten. Ein Plädoyer für den europäischen Markt gab Weiberg ab: „Ich glaube an Europa, schon allein weil es sehr viele Innovationen aus den klassischen Motorkonzepten geben wird, insbesondere im Dieselbereich, auch wenn diese Fahrzeuge in den USA ein Imageproblem haben“. Das Imageproblem von Dieseltechnologien in den USA betonte auch Andy Yu (BorgWarner). Der amerikanische Kunde sei weit weniger technikorientiert als der deutsche Kunde und verstehe ein Auto mehr als Lifestyle-Produkt.

Die Gewinner des CTI Young Drive Experts Award 2009
„Die Verbesserung der kundenrelevanten Eigenschaften des Fahrzeugs durch Fahrzeuggetriebe ist das Leitmotiv, das sich durch die Forschungsarbeiten der vier Gewinner des CTI Young Drive Experts Award zieht“, stellte Prof. Dr.-Ing. Ferit Küçükay (Technische Universität Braunschweig) anlässlich der ersten Vergabe des Nachwuchspreises für Getriebe-Spezialisten auf dem 8. Internationalen CTI Symposium „Innovative Fahrzeug-Getriebe“ (1. und 2. Dezember 2009, Berlin) fest. Unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie will der vom Kongress- und Seminarveranstalter CTI ins Leben gerufene Preis, Nachwuchskräfte ermutigen, sich in der Antriebsstrang- und Getriebetechnik zu engagieren. Ausgezeichnet wurden Sascha Neudörfer (Universität Hannover) und Murat Inalpolat (Ohio State University) für ihre Doktorarbeiten sowie Artur Plötner und Marjam Eghtessad (beide Technische Universität Braunschweig) für ihre Diplomarbeiten. Die Arbeiten wurden im Rahmen der Fachausstellung „Transmission Expo“ den rund 650 Teilnehmers des diesjährigen CTI Symposiums vorgestellt. Rund 70 Aussteller waren in diesem Jahr vertreten. Die Präsentation der prämierten Forschungsarbeiten auf der „Transmission Expo“ wurde von den Preisträgern und den Besuchern als „idealer Treffpunkt“ zum Austausch zwischen Theorie und Praxis und zwischen den Generationen gelobt.

CTI Getriebe-Vergleichsfahrt 2009 – Hybride auf dem Vormarsch
Mit dem Mitsubishi i-MiEV startete in diesem Jahr erstmals ein Elektroauto in die CTI Getriebe-Vergleichsfahrt. Der Mitsubishi i-MiEV ist nach Unternehmensangaben das erste in Großserie gefertigte Elektroauto der Welt. Die Produktion für Europa soll im Oktober 2010 starten. Während der Vergleichsfahrt im ADAC Fahrsicherheitszentrum Berlin Brandenburg/Linthe im Rahmen des CTI Getriebe-Symposiums 2009 konnten sich die Teilnehmer bereits am 3. Dezember 2009 einen Eindruck von dem rein elektrisch betriebenen Fahrzeug machen. Porsche präsentierte den Porsche Cayman mit Doppelkupplungsgetriebe (DKG), der seit Anfang Februar 2009 im Handel ist. Mercedes, Nissan und Toyota waren mit je zwei Modellen vertreten. Mercedes schickte das gerade auf der Auto Show in Los Angeles vorgestellte Hybrid-Modell ML 450 Hybrid und aus der schweren Klassen einen Actros in den Vergleich. Der „schwere“ Actros begeisterte die Teilnehmer durch sein komfortables Automatikgetriebe. Das Getriebe des ML 450 Hybrid zeichnet sich durch zwei integrierte Elektromotoren aus, die den Wagen im Stadtverkehr rein elektrisch bewegen. Nissan trat mit dem „Kultsportwagen“ GT-R an. Für seine Kraftübertragung sorgt ein Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe, das in Transaxle-Bauweise vor der Hinterachse montiert ist. Geschaltet wird über Paddels am Lenkrad. Darüber hinaus war Nissan mit dem nur in Japan erhältlichen Skyline mit einem stufenlosen Getriebe (CVT) vertreten, den die Firma NSK zur Verfügung stellte. Der Hybrid-Pionier Toyota präsentierte sowohl ein konventionelles manuelles 5-Gang-Getriebe Getriebe im Kleinwagen iQ und seine neuste Hybrid-Technik im Prius Hybrid 3.Gen. Einen Allradantrieb mit einem manuellen 6-Gang-Getriebe konnten die Fahrer der Vergleichsfahrt im Audi S4 erleben. Das aktive Sportdifferenzial des Audi verteilt die Antriebsmomente stufenlos variabel zwischen den Hinterrädern und erreicht damit eine deutliche Steigerung von Agilität, Fahrspaß und aktiver Fahrsicherheit. Basis der aktiven Momentenverteilung ist ein Hinterachsgetriebe völlig neuer Bauart. VDT Bosch bot den Renault Megane mit CVT an und AVL Schrick zeigte seinen Hybrid-Demonstrator.

Ein mit Brennstoffzellen betriebenes Fahrzeug stellte General Motors mit dem HydroGen4 für die Vergleichsfahrt zur Verfügung. Der Brennstoffzellen-Stapel (Stack) des HydroGen4 besteht aus 440 in Reihe geschalteten Zellen, in denen Wasserstoff mit Sauerstoff aus der Luft reagiert. Dieser elektrochemische Prozess erzeugt Strom, bei dem lediglich Wasserdampf als Nebendruck entsteht. Das Interesse am Opel-HydroGen4-Brennstoffzellenfahrzeug war groß und das Feedback auf das nachhaltige Konzept sehr positiv. „Die Fortschritte in der Getriebe- und Antriebsentwicklung hautnah erleben zu können, zeichnet die Möglichkeiten der CTI Getriebe-Vergleichsfahrt jedes Jahr aufs Neue aus“, urteilte ein Teilnehmer der diesjährigen Vergleichsfahrt, mit der das CTI Symposium zu Ende ging.

Das nächste CTI Symposium „Innovative Fahrzeug-Getriebe“ wird vom 29. November bis 2. Dezember 2010 in Berlin stattfinden.

Weitere Informationen und Bildmaterial im Internet unter:
www.getriebe-symposium.de/?pr
www.konferenz.de/fotos-getriebe09

Kontakt:
Dr. Nadja Thomas
Senior-Pressereferentin
Car Training Institute – ein Geschäftsbereich der Informa Deutschland SE
Prinzenallee 3
40549 Düsseldorf
E-Mail: nadja.thomas@car-training-institute.com

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